Ernährungsindustrie ist ein starker Zweig der deutschen Wirtschaft
Die deutsche Ernährungsindustrie,
die die landwirtschaftlichen
Erzeugnisse be- und verarbeitet,
erreichte 2016 einen Gesamtumsatz
von 171,3 Milliarden Euro – davon
114,6 Milliarden Euro im Inland und
56,7 Milliarden Euro im Ausland.
Der Export ist für die Ernährungsindustrie
ein wichtiges Standbein
– jeder dritte Euro wird im Ausland
verdient. Deutsche Lebensmittelqualität
ist international sehr
gefragt. Während die Exporte in
2016 deutlich gesteigert werden
konnten (+ 3,6 Prozent), nahm das
Inlandsgeschäft nur leicht zu (+
0,7 Prozent). 2016 waren in 5.940
Betrieben der Ernährungsindustrie
580.000 Menschen beschäftigt.
Die stark von kleinen und
mittelständischen Unternehmen
geprägte Ernährungsindustrie ist
nach der Automobilindustrie und
dem Maschinenbau der drittgrößte
Arbeitgeber in der deutschen
Industrie und bietet vielfältige
Beschäftigungsmöglichkeiten. Die
deutsche Lebensmittelindustrie ist
die umsatzstärkste in Europa. Mit
insgesamt 170.000 verschiedenen
Produkten gibt es kaum ein Produktsegment,
das nicht in Deutschland
hergestellt wird.
Branche wächst weiter über Exporte
In den ersten neun Monaten des
Jahres 2017 sind die Inlandsumsätze
gegenüber dem entsprechenden
Vorjahresstand weiter deutlich
gestiegen (+ 6,1 Prozent). Auch das
Auslandsgeschäft nahm zu (+ 3,6
Prozent). Der Export ist zwischen
2006 und 2016 um 74 Prozent
gestiegen und trägt heute (2016)
rund 33 Prozent zum Gesamtumsatz
bei. 2006 lag der Anteil noch bei
rund 24 Prozent. Sichere, qualitativ
hochwertige Lebensmittel sind
ein Markenzeichen im Export. 78
Prozent der deutschen Lebensmittelexporte
werden im europäischen
Binnenmarkt abgesetzt. Besonders
gefragt sind deutsche Süß-, Backwaren,
Fleisch- und Milchprodukte.
Ernährungsindustrie ist trotz Konzentrationsprozessen mittelständisch strukturiert
Angesichts der dominanten Marktposition
des Lebensmittelhandels
kann die Ernährungsindustrie gestiegene
Kosten häufig nur schwer
auf die Verkaufspreise überwälzen.
Die Konzentration der Unternehmen
der Ernährungsindustrie hat zwar
weiter zugenommen, ist aber im
Vergleich zum Lebensmitteleinzelhandel
oder zu anderen Wirtschaftsbereichen
weiterhin relativ gering.
Die Branche ist zu 95 Prozent durch
kleine und mittlere Unternehmen
geprägt, was nach Definition Unternehmen
mit bis zu 50 Millionen
Euro Jahresumsatz sind. Die deutsche
Ernährungsindustrie ist somit
traditionell mittelständisch geprägt
– mit einem Umsatzdurchschnitt
je Betrieb von rund 28,8 Millionen
Euro. Die 10 größten Unternehmen
vereinigen nur etwa 15 Prozent des
Branchenumsatzes auf sich.
Immer weniger Bäckereien und Fleischereien
Die Zahl der Bäckereien und Fleischereien
geht weiter zurück. 2016
wurden in der Betriebsstatistik des
Zentralverbandes des Deutschen
Handwerks (ZDH) insgesamt 11.737
Bäckereien mit einem Jahresumsatz
von 14,3 Milliarden Umsatz gezählt.
2006 waren es noch 16.280 Betriebe.
Für das Fleischerhandwerk
verzeichnet die Statistik für 2016
13.904 Betriebe – Jahresumsatz
16,2 Milliarden Euro. Zehn Jahre
zuvor lag die Zahl der Fleischerbetriebe
noch bei 19.580. Rückläufig
ist auch die Zahl der Beschäftigten
im Bäcker- und Fleischerhandwerk.
Deren Zahl wird für 2016 mit rund
416.000 angegeben. 2010 waren
noch mehr als 442.000 Menschen in
diesen beiden Handwerksbereichen
tätig. Gründe für diese Entwicklung
sind komplexer werdende Rahmenbedingungen
für Unternehmer im
Lebensmittelhandwerk und ein harter
Wettbewerb, insbesondere mit
dem Lebensmitteleinzelhandel.
Strukturwandel bei den Raiffeisen-Genossenschaften
Die Raiffeisen-Genossenschaften
sind mit ihren 350.000 Eigentümern
und 84.000 Beschäftigten
Marktpartner von Landwirtschaft,
Ernährungsindustrie und Lebensmittelhandel.
Ihre Zahl ist über die
Jahre deutlich rückläufig und vor
allem dem Fusions- und Kooperationsbestreben
der Unternehmen
geschuldet. Die 2.186 Raiffeisen-
Genossenschaften erzielten
2016 einen Umsatz von 60,1 Milliarden
Euro (Vorjahr 61,7 Mrd. Euro).
Deutlich waren die Rückgänge in
der Milchwirtschaft (–5,5 Prozent),
aber auch in der Warenwirtschaft
(–2,2 Prozent). Die übrigen Sparten
erreichten stabile Erlöse auf Vorjahresniveau.
Die Umsatzentwicklungen
bestätigen die enge Wechselwirkung
von volatilen Märkten. Umsatzstärkste
Sparten sind mit 35,3 Milliarden
Euro die Warenwirtschaft, die
Milchwirtschaft mit 11,7 Milliarden
Euro und die Vieh- und Fleischwirtschaft
mit 6,2 Milliarden Euro.
Ausgehend von rund 275.000
landwirtschaftlichen Betrieben in
Deutschland und rund 495.000
Mitgliedschaften von Landwirten,
Winzern und Gärtnern ist statistisch
betrachtet jeder Betrieb an nahezu
zwei Genossenschaften beteiligt.
Fleischbranche mit einem Umsatz von 41,6 Milliarden Euro
Der Umsatz der Fleischbranche mit
ihren 113.900 Beschäftigten betrug
in 2016 41,6 Milliarden Euro,
davon 10,6 Milliarden Euro oder
25,5 Prozent im Auslandsgeschäft.
Die Fleischbranche macht mit ihrem
Umsatz fast ein Viertel (24,3
Prozent) des Gesamtumsatzes des
deutschen Ernährungsgewerbes aus.
Immer weniger Schlachtunternehmen beliefern den Markt
Die Konzentration in der Fleischbranche
schreitet weiter fort. Die
drei größten Schlachtunternehmen –
Tönnies, Vion und Westfleisch –
schlachten mittlerweile gut die
Hälfte (56 Prozent) aller Schweine
in Deutschland. Das Gesamt-Ranking
der Fleisch- und Fleischwarenunternehmen
führt mit knapp
6,4 Milliarden Euro Umsatz (2016)
die Tönnies-Gruppe an. An zweiter
Stelle rangiert der niederländisch-
deutsche Vion-Konzern, der in
Deutschland einen Umsatz von fast
3,0 Milliarden Euro (2016) macht.
Auf den weiteren Plätzen folgen die
Westfleisch und die PHW-Gruppe
mit jeweils knapp 2,5 Milliarden
Euro.
Handelsketten mit Fleischwerken
Die Konzentration kommt auch
darin zum Ausdruck, dass viele
Schlachtunternehmen durchgehende
Verarbeitungsketten vom Lebendtier
bis zum verpackten Frischfleisch
oder zur Wurst aufgebaut haben.
Bedeutende Akteure sind mittlerweile
die Fleischwerke des Handels.
Spitzenreiter ist Kaufland mit einem
Jahresumsatz von 839 Millionen
Euro. Unter den 10 umsatzstärksten
Fleischwerken befinden sich sieben
regionale EDEKA-Fleischwerke
(Edeka-Südwest, Bauerngut, Rasting,
Südbayerisches Fleischwerk,
Nordfrische Center, Hessengut und
Fanken-Gut), die 2016 auf einen
Gesamtumsatz von 2,72 Milliarden
Euro kamen.
Molkereibranche ist im Umbruch
Im Ranking der weltweit größten
Milchverarbeiter führt der Nestlé-
Konzern, gefolgt von den beiden
französischen Unternahmen Danone
und Lactalis. Unter den TOP 20-Molkereien
der Welt befinden sich mit
dem Deutschen Milchkontor (Platz
15) und Müller Milch (Platz 19)
auch zwei deutsche Unternehmen.
Experten gehen von einem weiteren
Konzentrationsprozess der Milchverarbeitungsunternehmen
aus.
Deutsche Milchwirtschaft wächst über den Export
Die deutsche Milchwirtschaft ist
mit einem Umsatz von 22,7 Milliarden
Euro (ohne Speiseeis) und
rund 38.200 Beschäftigten (2016)
die zweitgrößte Sparte der deutschen
Ernährungsindustrie. 34,5
Prozent der Umsätze werden über
den Export erwirtschaftet, Tendenz
steigend. Rund zwei Drittel der in
Deutschland erzeugten Milch wird
von genossenschaftlichen Unternehmen
verarbeitet. Die Zahl der
Milch verarbeitenden Unternehmen
in Deutschland hat im Zeitverlauf
stark abgenommen. 2016 gab es
noch 152 Milch verarbeitende
Unternehmen mit mindestens 50
Beschäftigten. Täglich werden von
den deutschen Molkereien zusammen
rund 92.600 Tonnen Milch zu
hochwertigen Lebensmitteln verarbeitet.
Mühlenbranche mit rasantem Strukturwandel
Mit rund 6.000 Beschäftigten erwirtschaftete
die Mühlenbranche im
Wirtschaftsjahr 2015/16 einen Jahresumsatz
von rund 2,75 Milliarden
Euro. Die Mühlen vermahlen jährlich
etwa ein Drittel der deutschen
Weizen- und Roggenernte. Der Trend
zu größeren Mühlen-Einheiten
hält weiter an. 1950/51 gab es in
Deutschland 18.935 Mühlen, heute
sind es noch 550 Mühlen, davon
211, die mindestens 1.000 Tonnen
vermahlen. 45 große Mühlen mit
einer Jahresvermahlung von 50.000
Tonnen und mehr haben einen Anteil
an der Gesamtvermarktung von
81 Prozent. Mit rund 8,8 Millionen
Tonnen Getreide (2015/16), davon
8,4 Millionen Tonnen Brotgetreide,
beliefern die Mühlen Backgewerbe
und Lebensmittelindustrie,
Handel und Verbraucher. Knapp
13 Prozent der Mahlerzeugnisse
werden exportiert. Nach Angaben
des Verbandes Deutscher Mühlen
gehen 30 Prozent der Erzeugnisse
an Handwerksbäcker, 55 Prozent
an Betriebe der Backwaren- und
Lebensmittelindustrie, 10 Prozent
an Spezialverarbeiter wie Teig- und
Nudelwarenhersteller und nur etwa
5 Prozent an den Endverbraucher.
Mühlennachprodukte, wie Kleie oder
Nachmehle, werden zu Futtermitteln
verarbeitet.
Deutsche Zuckerwirtschaft wird von vier Unternehmen bestimmt
Von 61 Unternehmen der Zuckerindustrie
in den Jahren 1950/51
existieren heute noch vier mit
insgesamt 20 Fabriken, rund 5.300
Beschäftigten und einem Umsatz
von 2,6 Milliarden Euro (2016).
Die Südzucker AG in Mannheim, die
Nordzucker AG in Braunschweig,
Pfeifer & Langen KG in Köln und die
niederländische Suiker Unie GmbH
mit der Zuckerfabrik in Anklam
teilen sich den deutschen Markt.
28.500 Landwirte beliefern diese
Unternehmen mit Zuckerrüben.
Auch in Europa sind die drei verbliebenen
deutschen Unternehmen
führend und produzieren fast die
Hälfte des EU-Zuckers. Der größte
Zuckerhersteller in der Welt und
Marktführer in der EU (24 Prozent
Marktanteil) ist mit 16.900 Beschäftigten
die Südzucker-Gruppe.
Sie erreichte in der Kampagne
2016/17 eine Zuckerproduktion von
4,7 Millionen Tonnen. Vom Gesamtumsatz
des Südzuckerkonzerns
in Höhe von knapp 6,5 Milliarden
Euro (2016/17) entfallen 2,8 Milliarden
Euro auf den Zuckerbereich.
Gut 89 Prozent der deutschen Zuckererzeugung
geht an die Zucker
verarbeitende Industrie, das Handwerk
und die chemische Industrie.
Knapp 11 Prozent werden als Haushaltszucker
über den Lebensmitteleinzelhandel
verkauft.
Deutsche Brauereien relativ kleinstrukturiert
In 1.408 Braustätten in Deutschland
mit ihren 27.200 Beschäftigten
wurden 2016 rund 5.000 Biersorten
gebraut. Der Bierausstoß lag bei
95,0 Millionen Hektolitern, der
Umsatz bei 7,8 Milliarden Euro.
Gut 17 Prozent der deutschen Bierproduktion
werden exportiert. Der
Pro-Kopf-Verbrauch bei Bier ist in
den letzten Jahren zurückgegangen
und lag 2016 bei 104,1 Litern pro
Person. Weltweit stehen deutsche
Brauereien beim Bierausstoß an
vierter Stelle hinter China, den
USA und Brasilien, in Europa ist sie
führend. Ein regionaler Schwerpunkt
der Biererzeugung liegt in Bayern,
wo sich fast jede zweite deutsche
Braustätte befindet. Unter den
vierzig größten Brauereien der Welt
befinden sich sieben deutsche Gruppen:
Die Radeberger-Gruppe belegt
als größtes deutsches Unternehmen
Platz 23. Weltmarktführer ist die in
Belgien ansässige Brauereigruppe
AB Inbev, die 22,2 Prozent der
weltweiten Bierproduktion herstellt,
gefolgt von Heineken (NL) mit 10,2
Prozent und der China Resources
Breweries mit 6,1 Prozent (2016).
Die sieben größten deutschen Brauereien
machen zusammen dagegen
nur einen Weltmarktanteil von 2,7
Prozent aus.