Wir sind auf „den letzten Metern“ einer jahrelangen Auseinandersetzung.
Gärtner, Winzer, Obst- und Gemüsebauern, Ackerbauern, Milcherzeuger – und auch Ökobauern: alle sind wir auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln angewiesen. Das Prinzip „Viel hilft viel“ – wenn es das je gab – ist längst passé. Wir können uns mit unserer guten fachlichen Praxis im Anbau sehen lassen. Autoritäten wie der Präsident des Bundesinstituts für
Risikobewertung, Prof. Andreas Hensel, bescheinigen uns, dass von den Rückständen an
Pflanzenschutzmitteln in deutschen Produkten keine Gesundheitsgefährdung ausgeht und das
Risiko von Pflanzenschutzmitteln deutlich überschätzt wird. Verbraucherschützer anerkennen
die enormen Anstrengungen mit unserem Qualitätssicherungssystem entlang der gesamten
Nahrungsmittelkette. Wir können stolz darauf sein, dass die große Mehrheit der Verbraucher
uns – den deutschen Bauern – einen großen Vertrauensvorsprung gegenüber anderen
Herkünften geben.
Doch die Gegenspieler von der „Angstindustrie“ schüren weiter. Als ob sich die Erkenntnis
des Paracelsus von Hohenheim „All Ding ist Gift – allein die Dosis macht es aus!“ aufheben ließe. Doch leider hat sich das Europäische Parlament davon anstecken lassen. Das Parlament
will bei der Pflanzenschutzpolitik eine maßlose Verschärfung gegenüber der EU-Kommission
und dem EU-Agrarrat durchsetzen. Es pfeift auf die europäische Harmonisierung des Pflanzenschutzrechts.
Es will sich noch deutlicher von der bisherigen Risikobewertung in der praktischen Anwendung (also stark verdünnt) abwenden und künftig die Gefahr des reinen Wirkstoffs bewertet wissen.
Würde man diesen Ansatz auf die Humanmedizin übertragen, dann wären die Apotheken
und Ärztekoffer schnell leergeräumt. Kein Mensch, kein Abgeordneter käme auf diese
Idee. Anders beim Pflanzenschutz mit der Folge, dass bei Anwendung der vom Parlament verlangten Ausschlusskriterien künftig ein Großteil der heute zugelassenen Wirkstoffe von
Pflanzenschutzmitteln nicht mehr zur Verfügung stünde. Die Erträge und die Versorgungssicherheit werden sinken. Es gibt erhebliche Qualitätsprobleme. Eine Reihe von Kulturen kann überhaupt nicht mehr angebaut werden.
Im August 2006 gab es den Vorschlag der Kommission zum Pflanzenschutzpaket (Richtlinie für die Anwendung und Verordnung für die Zulassung). Seither bringen wir uns als Berufsstand – Bauernverband und auch der Bundesausschuss Obst und Gemüse – mit dem Gewicht der praktischen Erfahrung in die politische Diskussion ein. Mit zahlreichen Briefen, mit der persönlichen Ansprache von Bundes- und Europapolitikern in Brüssel, Straßburg und Berlin, mit Gesprächsrunden und Forumsveranstaltungen, zuletzt noch einmal vor wenigen Wochen in unserem Haus der Land- und Ernährungswirtschaft. Im gemeinsamen Standpunkt des
Rates, der in der Zeit der deutschen Ratspräsidentschaft im EU-Agrarrat erarbeitet wurde,
hatten wir dann einen zwar sehr weitgehenden, aber für die Praxis noch nachvollziehbaren Gesetzesvorschlag auf dem Tisch.
Es ist unglaublich: Zur gleichen Zeit, wo Versorgungssicherheit
– auch bei Nahrungsmitteln
– mehr und mehr als eine überragende Herausforderung
für die Menschheit angesehen wird, setzt das Europäische Parlament, angefeuert durch eine grüne Politikerin, auf eine Verzichtsund Extensivierungsstrategie, wohl wissend, dass zu uns importierte Nahrungsmittel bei weitem nicht die gleichen Standards erfüllen wie heimische Erzeugnisse.
So weit darf es nicht kommen! Deshalb unser Aufruf an alle Berufskollegen, mit Postkarten
über den normalen Weg oder über das Internet an die Europaabgeordneten heranzutreten. Ich
bin mir sicher, dass sich mehrere 10.000 Berufskollegen an unserer Aktion beteiligen werden.
Jetzt, in der Endphase einer jahrelangen Diskussion und damit vor der zweiten Lesung im Parlament und der anschließenden Kompromisssuche in der Dreiheit Kommission, Rat, Parlament, kommt es auf diese Unterstützung aus der beruflichen Praxis und Erfahrung an!
Das Thema Pflanzenschutz hatten wir im Übrigen auch mit im Gepäck bei unseren Gesprächen
mit Politikern und Kommissionsbeamten am Rande der EU-Agrarratssitzungen in Brüssel und
Luxemburg zum Health Check der Gemeinsamen Agrarpolitik. Gerade jetzt, sozusagen auf den letzten Metern, hängt viel von unserer Sichtbarkeit, Schlagkraft und Argumentation ab!
Reale Werte zählen!
Auch die Bauernfamilien in Deutschland verfolgen gegenwärtig eine im wahrsten Sinne
des Wortes atemberaubende Finanzkrise. Finanzminister, Staats- und Regierungschefs
mussten zu Krisengipfeln bis ins ferne China reisen, um den Zusammenbruch der gesamten
Bankenwirtschaft zu verhindern. In Deutschland wurde – mit ähnlicher Geschwindigkeit
wie in der BSE-Krise zum Jahreswechsel 2000/2001 – innerhalb einer Woche ein Finanzmarktstabilisierungsgesetz durch Bundestag und Bundesrat gebracht und nach Unterschrift des Bundespräsidenten in Kraft gesetzt. Dieses Gesetz schafft einen bisher beispiellosen staatlichen Fonds mit max. 100 Mrd. Euro, der seinerseits Bürgschaften von
400 Mrd. Euro abdeckt und etwa 80 Mrd. für die Rekapitalisierung angeschlagener Banken
zur Verfügung stellt. Die spannende Frage bleibt jetzt, ob die zu Recht gescholtenen Bankmanager dieses staatliche Angebot annehmen oder schmollend ablehnen werden.
„Ausbildung muss aus innerer Überzeugung geschehen“
Die Landwirtschaft, die vor einem gravierenden Generationswechsel steht und eine
rasante technische Entwicklung verzeichnet, bildet weniger Nachwuchs aus, als sie künftig benötigen wird. Die Deutsche Bauern Korrespondenz sprach darüber mit dem Präsidenten des Gesamtverbandes der Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände, Lothar Lampe, und dem Bildungsbeauftragten des DBV, Hans-Benno Wichert.
Nicht ohne Arbeitsvertrag
Jedem arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag zugrunde.
Dabei genügt sogar das „durch Handschlag Besiegeln“. Denn für den Abschluss eines
Arbeitsvertrages gilt auch im Bereich der Landwirtschaft grundsätzlich die Formfreiheit.
Arbeitsverträge können deshalb auch mündlich oder durch schlüssiges Verhalten
(z. B. durch Aufnahme der vereinbarten Beschäftigung) wirksam abgeschlossen werden,
schreibt Peter Zanini, Geschäftsführer der land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgebervereinigung Niedersachsen.
Saisonarbeitskräfte – es könnte eine Erfolgsgeschichte sein
Saisonarbeitskräfte sind ein wesentliches Element der Arbeitsverfassung. Sonderkulturbetriebe
sind auf ihren Einsatz angewiesen; andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe
nutzen ihren Einsatz zur Optimierung der Arbeitsabläufe. Saisonarbeitskräfte sichern die
Arbeitsplätze ganzjährig beschäftigter Arbeitnehmer. Die Zahl osteuropäischer Saisonarbeitskräfte stieg bis zum Jahr 2004 kontinuierlich an. Vor allem durch staatliche Eingriffe reduziert sich die Zahl seitdem, ohne dass vom heimischen Arbeitsmarkt entsprechender Ersatz zur Verfügung steht. Dadurch wird mittel- und langfristig die Existenz von Betrieben und dauerhaften Arbeitsplätzen in der Land- und Forstwirtschaft sowie in vor- und nachgelagerten Unternehmen gefährdet.
Interessenten können die dbk direkt beim Deutschen Bauernverband bestellen:
Die Zeitschrift erscheint monatlich und kann gegen eine Gebühr von 31,50 Euro inklusive sieben Prozent Mehrwertsteuer abonniert werden über
g.reuser@bauernverband.net oder per Fax. 030-31904-431