Landwirte und Naturschützer müssen auf Augenhöhe zusammenarbeiten, um die Artenvielfalt in Deutschland zu erhalten und zu fördern. Alleingänge einzelner Interessengruppen sind nicht zielführend. Die besten Naturschutzmaßnahmen bringen nur wenig, wenn Landwirte sie nicht umsetzen können, etwa, weil sie nicht praxistauglich sind.

Gleiches gilt für Maßnahmen, die für die Betriebe wirtschaftlich nicht tragfähig oder die mit unverhältnismäßig hohen Sanktionsrisiken verbunden sind. In einer ungewöhnlich trockenen Wetterperiode muss zum Beispiel die Aussaat einer Blühmischung verschoben werden, damit sie erfolgreich aufgehen kann. Erfolgt die Aussaat erst nach dem festgelegten Aussaattermin, sind die Voraussetzungen für den Erhalt von Fördermitteln jedoch nicht mehr erfüllt.

Das Dialog- und Demonstrationsprojekt wird von der Umweltstiftung Michael Otto und dem Deutschen Bauernverband koordiniert. F.R.A.N.Z. wird intensiv wissenschaftlich begleitet von den Thünen-Instituten für Biodiversität, Ländliche Räume und Betriebswirtschaft, der Universität Göttingen und dem Michael-Otto-Institut im NABU. Die in den Projektregionen ansässigen Landesbauernverbände und deren Kulturlandschaftsstiftungen betreuen und beraten z. T. mit weiteren Partnern vor Ort die am Projekt teilnehmenden Demonstrationsbetriebe.

Ausgezeichnete Zusammenarbeit

Wie es anders geht, zeigt das F.R.A.N.Z.-Projekt. Hier erproben Naturschützer und Landwirte derzeit auf zehn typischen landwirtschaftlichen Demonstrationsbetrieben gemeinsam insgesamt 16 verschiedene Maßnahmen, die sowohl dem Naturschutz dienen als auch praxistauglich und wirtschaftlich tragfähig sind. Für diese partnerschaftliche Zusammenarbeit, den frühen Praxis-Check der Maßnahmen sowie die fundierten wissenschaftlichen Untersuchungen der umgesetzten Maßnahmen hat das F.R.A.N.Z.-Projekt den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2019 in der Kategorie Forschung erhalten.

Zu den umgesetzten Maßnahmen zählen zum Beispiel Blühstreifen. Auch beim Getreideanbau lässt sich viel für die Artenvielfalt tun, etwa indem Landwirte Sommergetreide zusammen mit einer blühenden Untersaat (Klee oder Leindotter) aussäen. Ebenfalls in der Erprobungsphase sind spezielle Maßnahmen im Maisanbau (z.B. ein Mais-Stangenbohnen-Gemenge) sowie Maßnahmen zur Förderung von Feldvögeln, wie etwa die sogenannten Feldvogelinseln. Für sie wird eine einjährige Brache im Acker angelegt, die beste Brutbedingungen bietet, etwa für Kiebitze oder Rebhühner.

Im Rahmen der F.R.A.N.Z. – Maßnahmen werden die Auswirkungen auf Amphibien, Feldhasen, Feldvögel, Wildbienen, Schmetterlinge, Schwebfliegen, Laufkäfer, Ackerwildkräuter und Grünlandpflanzen untersucht. Der Nutzen der Maßnahmen spielt aber auch für andere Organismengruppen eine wichtige Rolle. Eine genaue Beschreibung aller umgesetzten Maßnahmen findet sich unter www.franz-projekt.de/massnahmen

Gemeinsam Vielfalt gestalten

Foto: Philip Hunke / Michael-Otto-Institut im NABU
(Foto: Philip Hunke / Michael-Otto-Institut im NABU)

Auch im Verbundprojekt „Lebendige Agrarlandschaften – Landwirte gestalten Vielfalt!“ erarbeiten Landwirte und Naturschützer gemeinsam praxistaugliche Lösungen, um die Artenvielfalt zu erhalten und Ökosystemleistungen zu fördern, also den Nutzen, den Menschen von Ökosystemen beziehen. Dazu gehören unter anderem die Bereitstellung von frischer Luft und von nutzbarem Bewässerungs- und Trinkwasser sowie das Bestäuben von Blüten durch Insekten und die Bereitstellung einer ansprechenden Umwelt für Freizeit, Erholung und ästhetischen Genuss.

In drei Modellregionen werden Naturschutzmaßnahmen entwickelt und in Zusammenarbeit mit Landwirtinnen und Landwirten sowie Winzerinnen und Winzern vor Ort umgesetzt: Vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau („Steillagenweinbau schafft Vielfalt – Das Moselprojekt“), von der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft („Summendes Rheinland – Landwirte für Ackervielfalt“) und der Stiftung Westfälische Kulturlandschaft („Energiepflanzenanbau und Biodiversität im Münsterland“).

Während in der Niederrheinischen Bucht, wo die fruchtbaren Böden seit jeher intensiv für den Ackerbau genutzt werden, blühende Säume und Zwischenfrüchte angebaut werden, so dass bestäubende Insekten ausreichend Nektar- und Pollenpflanzen auffinden, werden in Westfalen vor allem Energiepflanzen ökologisch aufgewertet, indem verschiedene Blühmischungen und unterschiedliche Gemenge aus Getreide und Blühpflanzen oder Mais und Bohnen angebaut werden. Das Moselprojekt wiederum hat sich zum Ziel gesetzt, die einzigartige Weinkulturlandschaft des Moseltales zu erhalten und die Arten- und Lebensraumvielfalt im Steil- und Steilstlagenweinbau zu fördern. So werden zum Beispiel die Zeilen zwischen den Rebstock-Reihen begrünt oder verbuschte Flächen wieder so hergerichtet, dass speziell die hier heimischen, oftmals seltenen Tier- und Pflanzenarten die für sie wichtigen warmen und trockenen Lebensräume vorfinden.
Die Entwicklung der Pflanzen- und Tierarten werden in allen drei Regionen regelmäßig beobachtet und verglichen, genauso wie die wirtschaftlichen Ergebnisse. Alle Maßnahmen werden im Hinblick auf ihre ökologische Wirksamkeit und ihre Akzeptanz sowie ihre Wirtschaftlichkeit durch das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V. untersucht.

Foto: Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau
(Foto: Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau)

Der Deutsche Bauernverband koordiniert das Projekt und ist für die Kommunikation Richtung Politik und Gesellschaft verantwortlich. Darüber hinaus werden modellhaft regionale „Plattformen Landwirtschaft & Naturschutz für Biodiversität“ initiiert sowie erfolgreich erprobte Naturschutzmaßnahmen deutschlandweit übertragen.

Detaillierte Informationen über die Maßnahmen enthält die Internetseite www.lebendige-agrarlandschaften.de

Finanzielle Förderung von Maßnahmen wichtig

Naturschutzmaßnahmen, die sich positiv auf die Biodiversität in den Agrarlandschaften auswirken, gehen oft mit hohen Kosten und Einschränkungen für die landwirtschaftlichen Betriebe einher. Oftmals sinken die Erlöse, da Flächen nicht mehr für die Produktion von Nahrungs- oder Futtermitteln bzw. Bioenergie genutzt werden, sondern für den Naturschutz. Hinzu kommen die Kosten für das Saatgut von Blühmischungen oder Untersaaten sowie zusätzlich benötigte Maschinen oder Arbeitsgänge. Auch der für die erfolgreiche Umsetzung einer Naturschutzmaßnahme nötige Aufwand muss berücksichtigt werden, zum Beispiel für die Antragsstellung und Kontrolle.

Dem gegenüber stehen mögliche Kosteneinsparungen zum Beispiel beim Saatgut, wenn mit größeren Reihenabständen gesät wird, oder wenn auf eine Düngung verzichtet wird.

Hemmnisse ausräumen

Verschiedene Förderprogramme finanzieren Maßnahmen zur Biodiversitätsförderung. Zu nennen sind z.B. die Agrarumwelt- und Klimaprogramme der Bundesländer, ökologische Vorrangflächen im Rahmen des Greening bei der EU-Agrarförderung oder der Vertragsnaturschutz sowie Kompensationsmaßnahmen.
Die bürokratischen Hürden sind jedoch oft hoch, Fördersätze für die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen dagegen oft zu gering. Dazu kommen fehlende Praxistauglichkeit und hohe Kontrollrisiken. Einen vertieften Einblick in die Hindernisse und Perspektiven zur Umsetzung von Biodiversitätsmaßnahmen gibt die gleichnamige Studie, die das Thünen-Institut im Rahmen des F.R.A.N.Z.-Projektes erstellt hat.
F.R.A.N.Z.-Studie: – Hindernisse und Perspektiven für mehr Biodiversität in der Agrarlandschaft –

Das Projekt wird ressortübergreifend unterstützt. Die Förderung erfolgt mit Mitteln der Landwirtschaftlichen Rentenbank, mit besonderer Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung sowie durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Die Bundesministerien für Landwirtschaft und Umweltschutz haben die Schirmherrschaft für das Projekt übernommen.