Kurz bevor dieser Standpunkt entstanden ist, ist der informelle EU-Agrarrat in Koblenz zu Ende gegangen. #futureforfarmers – das war und ist der Hashtag für eine konstruktive Debatte um die zukünftige Agrarpolitik, für eine gestaltende GAP, für die Forderung nach einer starken und wettbewerbsfähigen europäischen Landwirtschaft, gegen die fiskalischen Übergriffe von Seiten anderer Politikbereiche und für ein Signal an die europäischen Agrarminister: Ihr habt Rückendeckung im Verteilungskampf um eine stabile Finanzausstattung für die GAP und für ein wachsendes Agrarbudget.
Koblenzer Erklärung: Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik
Der DBV und seine Landesverbände haben dieses Kampagnenmotiv intensiv bespielt; der europäische Bauernverband COPA als Vertretung von über 60 Landwirtschaftsorganisationen war in Person seines Präsidenten mit dieser Botschaft vor Ort. Mit der „Koblenzer Erklärung“ ist der DBV in diesen Agrarrat gegangen und hat klare inhaltliche Botschaften für die Weiterentwicklung der europäischen Agrarpolitik gesetzt und eine Perspektive für die Landwirtschaft eingefordert.
Konstruktiver Dialog punktet
Dennoch, dieses europäische Format ist lange Zeit nicht Ziel und Gegenstand so vieler Demonstrationszüge gewesen. Große und kleine Bewegungen, Splitter- und Randgruppen haben neben-, mit- und gegeneinander demonstriert und ein für Außenstehende eher merkwürdiges Bild abgegeben. Das Geschehen vor Ort - außerhalb des eigentlichen Ministertreffens - sah mehr nach Demo-Kirmes aus als nach ernsthafter politischer Aktion und hat so der Landwirtschaft bestimmt nicht geholfen. Einige Gruppen hatten offenbar überhaupt nicht verstanden, worum es bei diesem Rat der europäischen Agrarminister geht und traten an mit viel Wut und Empörung über nationale Themen – sicher zum Teil berechtigt, aber für diese Zielgruppe irrelevant und völlig unverständlich. Es blieb für manchen Beobachter leider nur der Eindruck haften, dass einige Gruppen in der deutschen Landwirtschaft gerne durcheinanderreden (oder zum Teil durcheinanderschreien) und mit der Einordnung von politischen Sachverhalten so ihre Schwierigkeiten haben.
Was bleibt als Fazit?
Was als Fazit bleibt: Wenn man politisch etwas für die Landwirtschaft bewegen will, reicht es definitiv nicht,
- in seiner eigenen Filterblase den Wettbewerb um die radikalste Ablehnung der bestehenden Verhältnisse zu gewinnen,
- eine Position einzunehmen oder eine steile Forderung zu stellen,
- möglichst viele persönliche Verunglimpfungen auf die Bühne (oder auf den Sattelauflieger) zu bringen,
- möglichst laut herumzubrüllen und die eigene Gruppe gegen den gesamten Rest der Welt in Stellung zu bringen,
- oder diejenigen zu beschimpfen, die noch etwas für die Landwirtschaft oder für ein gut ausgestattetes Agrarbudget tun können.
Worauf kommt es an?
Wichtig ist vielmehr,
- mit klaren und einheitlichen Zielen in der Sache anzutreten,
- politische Mehrheiten zu organisieren,
- mit den passenden Themen zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufzutauchen,
- Lösungen zu platzieren, die in der Verhandlung eine Chance auf Umsetzung haben,
- potenzielle Verbündete zu unterstützen,
- Kritik und Forderungen so einzubringen, dass sie am Ende des Tages gesetzgeberisch, agrar-, finanz- oder förderpolitisch umgesetzt sind und für die Betriebe wirtschaftliche Realität sind.
Als Einheit stehen
Natürlich schafft der Beifall und die starke Wahrnehmung in der eigenen Gruppe Zusammenhalt und Motivation – aber das nützt alles nichts, wenn die mediale, politische und gesellschaftliche „Außenwelt“ das alles nicht mitbekommt oder es im Ansatz nicht versteht und mit Ablehnung reagiert. Wenn die Landwirtschaft es nicht hinbekommt, auch am Rande solcher Anlässe ein schlüssiges Bild abzugeben, bleibt sie in der Rolle des bestenfalls unverstandenen Zaungastes.