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Wolfgang Vogel
Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes
Tanja Schnitzler für DBV

Mit 42,4 Millionen Tonnen haben wir zum wiederholten Male nur eine unterdurchschnittliche Getreideernte eingefahren. Das Jahr 2020 war vielerorts mittlerweile das dritte, durch Wetterextreme geprägte Jahr. Je nach Region müssen die Betriebe Ernteeinbußen aufgrund von massiver Trockenheit, Nachtfrösten im Mai oder dem massenhaften Auftreten von Mäusen in solchen Größenordnungen verkraften, die einige Betriebe in ihrer Existenz gefährden. Es ist auch zunehmend festzustellen, dass selbst kleinräumig große Ertragsunterschiede bestehen. Denn die dringend benötigten Niederschläge fallen nicht mehr als Landregen, sondern in Form regional eng begrenzter, heftiger Gewitterschauer. Andererseits dauern Trockenphasen und Hitzeperioden immer länger an.

Einzelbetriebliche Risikovorsorge stärken

Das Klima ändert sich! Und die Auswirkungen derartiger Wetterextreme sind von den landwirtschaftlichen Betrieben nicht mehr beherrschbar. Bereits praktizierte Anpassungsstrategien wie die Risikostreuung durch Anbaudiversifizierung, der Anbau trocken- und hitzetoleranter Sorten, die Steigerung der Wasserhaltefähigkeit der Böden durch die konservierende Bodenbearbeitung können die Auswirkungen der Extremwetterereignisse lediglich abfedern, jedoch nicht ausgleichen. Deshalb müssen wir die zunehmenden Ertragsrisiken besser absichern können. Wir brauchen dringend eine Stärkung der einzelbetrieblichen Risikovorsorge durch die Einführung einer steuerlichen Gewinnrücklage und durch eine staatlich unterstützte Mehrgefahrenversicherung. Die Absenkung der Versicherungssteuer auch bei Dürrerisiken war zwar ein wichtiger, erster Schritt. Aber nun muss das Ziel darin bestehen, eine breite Mehrheit der Landwirte für die Teilnahme an Mehrgefahrenversicherungen zu gewinnen. Deswegen fordern wir eine Anschubfinanzierung für die Mehrgefahrenversicherung, beispielsweise durch eine inhaltliche und finanzielle Erweiterung der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK). Wir gehen davon aus, dass sich der Bedarf an Finanzmitteln in der GAK für den Bereich der Ackerkulturen auf jährlich etwa 300 Millionen Euro in den ersten Jahren der Einführung belaufen wird. Unerlässlich ist, dass es sich hierbei um „frisches Geld“ handelt. Eine Finanzierung aus Geldern der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union schließen wir aus.

Staatliche „Ad-hoc-Hilfen“ entbehrlich machen

Gemeinsames Ziel von Politik und Berufsstand muss es sein, staatliche „Ad-hoc-Hilfen“ für durch Extremwettereignisse in Existenznot geratene Betriebe entbehrlich zu machen. Wir Landwirte wollen als Unternehmer die Verantwortung für das einzelbetriebliche Risikomanagement zuvorderst selbst tragen. Aber wir schaffen das nicht aus eigener Kraft heraus. Deswegen ist hier eine Anschubfinanzierung dringend geboten; auch im Sinne gleicher Wettbewerbsbedingungen, denn in mehreren europäischen Ländern wird die Finanzierung von Versicherungsprämien staatlich unterstützt.