In den vergangenen zwei Jahren gab es in Deutschland lange Trockenphasen, 2018 war ein „Dürresommer“. Welchen Einfluss hat die Witterung auf das Pflanzenwachstum? Wie sieht es in diesem Jahr aus?

In den Jahren 2018 und 2019 gab es in vielen Regionen Deutschlands deutlich weniger Niederschläge als sonst üblich. In 2018 gab es eine ausgeprägte Sommertrockenheit, an vielen Orten fiel drei Monate lang praktisch kein Regen. Im Herbst/Winter 2019/20 fielen in den meisten Regionen erhebliche Niederschläge und in den tieferen Bodenschichten konnte sich wieder Feuchte sammeln. Seit Anfang März 2020 sind jedoch die sonst üblichen Frühjahrs-Niederschläge fast überall ausgeblieben. Nachfolgend werden die Hintergründe erläutert, warum die Bodenfeuchte ein wesentlicher Faktor für das Pflanzenwachstum und damit die Ernten der Landwirte ist.

Pflanzen benötigen für ihr Wachstum und zur Entfaltung ihres Ertragspotenzials Licht, Wasser, Wärme und Nährstoffe. Dabei variieren die Anforderungen der verschiedenen Kulturpflanzen an Licht, Wasser, Temperatur und Nährstoffe und sind abhängig von der Entwicklungsphase. Es kommt also darauf an, dass zum „richtigen“ Zeitpunkt günstige Wachstumsbedingungen herrschen. Neben den unterschiedlichen Anforderungen an die Licht- und Temperaturverhältnisse ist eine ausreichende Wasserversorgung wichtig für das Pflanzenwachstum.
 

Entwicklung der Wasserverfügbarkeit: Die aktuelle Situation 2020 im Vergleich mit den Monaten April / Mai 2018 und 2019

Pflanzenverfügbares Wasser bis 25 cm – Die Karten zeigen, wie viel Wasser den Pflanzen noch zur Verfügung steht und wie sich die Wasserverfügbarkeit in den letzten 14 Tagen verändert hat. Bei weniger als 50 Prozent nutzbarer Feldkapazität ist von beginnendem Trockenstress der Pflanzen auszugehen.
 

Aktueller UFZ-Dürremonitor 2020 / Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Düngemonitor 2020

    

 

Warum brauchen Pflanzen Wasser?

Trockenheit kann zu geringerem Wachstum und Ertragseinbußen führen

(Foto: pixabay.com / manfredrichter)

Wasser dient dem Erhalt des Zelldrucks in der Pflanze, wird für die Fotosynthese benötigt und über das Wasser werden die Nährstoffe aufgenommen und in der Pflanze transportiert. Inwieweit der Wasserbedarf der Pflanzen gedeckt wird, ist jedoch nicht allein von den reinen Niederschlagsmengen abhängig. So variiert die Wasserspeicherfähigkeit unterschiedlicher Bodentypen. Zudem zeichnen sich die Kulturpflanzen durch eine unterschiedliche Fähigkeit aus, Wassermangel und Trockenperioden zu überbrücken. Tiefwurzelnde Kulturpflanzen, beispielsweise Wintergetreide, Raps und Zuckerrüben, aber auch mehrjährige Kulturen wie Weinreben sind im Vorteil, weil sie mit ihren Wurzeln die Bodenwasservorräte in den tieferen Bodenschichten erreichen. Darüber hinaus spielt die Verdunstungsrate, die wiederum u. a. von der Temperatur, der angebauten Kulturpflanze und der Bodenart beeinflusst wird, eine wichtige Rolle für das den Pflanzen zur Verfügung stehende Wasser im Boden. Der aktuelle Wasserversorgungsgrad der Pflanzen wird in „Prozent nutzbare Feldkapazität“ (% nFK) angegeben.
 

Der Boden als Schwamm: Was bedeutet „nutzbare Feldkapazität“?

Neben den festen organischen und mineralischen Bodenpartikeln enthält Boden je nach Bodenart variierende Anteile an Poren – das Porenvolumen, das entweder mit Luft oder Wasser gefüllt ist. Wird – theoretisch – die gesamte Luft im Boden durch Wasser ersetzt, spricht man von einem gesättigten Boden. Im Normalfall vermag der Boden allerdings nicht das gesamte Wasser zu halten, weil das Wasser aufgrund der Erdanziehungskraft versickert. Der Zustand, bei dem der Boden das Wasser wie ein Schwamm halten kann, wird als Feldkapazität (FK in Vol. %) bezeichnet. Leichte Böden wie beispielsweise Sand können das Wasser nicht gut binden, sodass das Wasser in diesen Böden schneller in tiefere Bodenschichten versickert und damit den Pflanzen nicht mehr zur Verfügung steht.

Den Wasserbindungskräften des Bodens steht die Saugspannung der Pflanzen, die über ihre Wurzeln Wasser aus dem Boden saugen, gegenüber. Da die Saugspannung der Pflanzen jedoch begrenzt ist, kann dem Boden nicht das gesamte Wasser entzogen werden. Der als Welkepunkt bezeichnete Zustand ist erreicht, wenn die Pflanzen dem Boden kein Wasser mehr entnehmen können. Die Zustände Welkepunkt und Feldkapazität markieren somit die Spanne, in der die Pflanze das Wasser im Boden nutzen kann. Diese Spanne entspricht 100 Prozent des für die Pflanze nutzbaren Wassers oder eben 100 Prozent der nutzbaren Feldkapazität. Deswegen wird der aktuelle Wasserversorgungsgrad der Pflanzen in Prozent nutzbare Feldkapazität angegeben.

Bei weniger als 30 % nFK steht die Pflanze unter Trockenstress, es ist mit Ertragseinbußen zu rechnen. Im Bereich von 30 % nFK bis 50 % nFK ist von beginnendem Trockenstress für die Pflanzen auszugehen, aber die Wasserversorgung der Pflanzen ist noch ausreichend. Ein optimales Wasserangebot besteht für die Pflanzen zwischen 50 % nFK und 80 % nFK. Steigt die nutzbare Feldkapazität in einen Bereich von 80 % bis 100 % beginnt die Überversorgung der Pflanzen – einhergehend mit der Gefahr von Sauerstoffmangel. Oberhalb von 100 % nFK besteht Überversorgung und Sauerstoffmangel.

Quelle: Deutscher Wetterdienst, Dokumentation „Bodenfeuchte“, Stand: Juni 2016.
 

Welche Unterschiede gibt es zwischen Sommer- und Winterkulturen?

Wintergetreide wie Winterweizen beispielsweise benötigt über einen längeren Zeitraum niedrige Temperaturen (0°C bis 8°C), um zu schossen, d. h. in das Streckungswachstum überzugehen und Blüten zu bilden. Dieser Vorgang wird auch als Vernalisation bezeichnet. Der Übergang in das Schossen wird auch von den Lichtverhältnissen beeinflusst. Erst wenn der Lichtreiz länger anhält als die Dunkelphase, beginnt der Prozess und lässt die Pflanzen stark wachsen. Auf diese Weise stellt die Natur sicher, dass das bereits im Herbst ausgesäte Wintergetreide erst im darauffolgenden Sommer blüht. Während der Blüte ist Winterweizen relativ hitzeempfindlich, weswegen bereits Temperaturen von über 25°C die Kornfüllung beeinträchtigen und somit zu Mindererträgen führen. Dagegen entwickeln sich Zuckerrüben bis zur Ernte nur vegetativ, d.h. die gegenüber Trockenheit und Hitze besonders empfindlichen Entwicklungsstadien wie die Blüte finden nicht statt.