Die Europäische Union möchte in ihrem Energiemix bis zum Jahr 2030 einen Anteil von 32 % an Erneuerbaren Energien erreichen. Angerechnet werden kann dabei nur Energie aus Bioenergie, welche die geforderten Nachhaltigkeitskriterien erfüllt. Dies gilt mit der neuen Richtlinie RED II nun neben Biokraftstoffen ebenfalls für Strom, Wärme und Kälte. Konkret bedeutet dies, dass zukünftig auch Biogasanlagen unter die Richtlinie fallen. Während sich im Kraftstoffbereich (Raps, Getreide und Rüben für Bioethanol) für die Landwirte also nur wenig ändert, müssen sich Betreiber und Lieferanten von Biogasanlagen auf Veränderungen einstellen.
Biogas gehört nun zu den sogenannten Biomassebrennstoffen („biomass fuels“), darunter fallen alle gasförmigen und festen Bioenergieträger, die zur Strom-, Wärme- oder Kraftstoffproduktion genutzt werden. Ausnahmen gibt es lediglich für Anlagen unter 2 MW Feuerungswärmeleistung bei Biogas und unter 20 MW Feuerungswärmeleistung für feste Biomasse. Mit der Richtlinie soll sichergestellt werden, dass bei Nutzung von Abfällen und Reststoffen von landwirtschaftlichen Flächen keine negativen Wirkungen auf die Bodenqualität und den Bodenkohlenstoff entstehen. Auch der Schutz von Flächen mit großer biologischer Vielfalt (Wälder, Grünland) sollen damit gewährleistet werden.
Status 2008 entscheidet
Ob eine Fläche zur Produktion von nachhaltigen Rohstoffen im Sinne der RED II geeignet ist, hängt beim Ackerland davon ab, ob die Fläche diesen Status auch schon am 01. Januar 2008 besaß. War dem so, dann ist alles gut. Sollte nach diesem Datum eine Fläche von mehr als einem Hektar umgebrochen worden sein, wird es kompliziert. Hat es sich bei der ursprünglichen Grünlandfläche um eine Fläche mit „großer biologischer Vielfalt“ gehandelt, so kann der auf der Fläche erzeugte Rohstoff zwar auch an eine Biogasanlage mit mehr als 2 MW Feuerungswärmeleistung geliefert werden. Allerdings ist der daraus erzeugte Strom im Rahmen des EEG nicht mehr vergütungsfähig. Neben einer geringeren Stromeinnahme entsteht für den Anlagenbetreiber zusätzlich ein erhöhter Aufwand für die Bilanzierung der Stoffströme. Wenn die umgebrochene Fläche hingegen keine große biologische Vielfalt aufgewiesen hat, hat dies keine direkten Auswirkungen auf die Vergütung, der Betreiber muss aber für die eingesetzte Menge einen anderen THG-Minderungswert ansetzen. Die Anzahl der betroffenen Unternehmen dürfte jedoch überschaubar sein, da Bestandsanlagen von der THG-Bilanzierung ausgenommen sind. Um den Nachweis über den Flächenstatus 2008 einfacher zu machen, als er bisher war, bereitet der DBV zusammen mit REDCert aktuell eine Online-Plattform vor, auf der die anonymisierten INVEKOS-Daten der Feldblöcke/Feldstücke zum Stichtag hinterlegt sein werden.
Was ist „Grünland mit großer biologischer Vielfalt“?
Die EU bezeichnet mit dieser Begrifflichkeit künstlich geschaffenes Grünland, also Grünland, welches ohne Eingriffe von Menschenhand kein Grünland bleiben würde. Darunter fällt mit wenigen Ausnahmen alles in Deutschland vorhandene Dauergrünland. Weiterhin muss das Grünland laut EU artenreich und nicht degradiert sein, damit eine „große biologische Vielfalt“ vorliegt. Bei einem zwischenzeitlich erfolgten Umbruch der Fläche ist nach der Einschätzung des DBV der Landwirt nicht in der Nachweispflicht. Laut der EU-Verordnung muss die große biologische Vielfalt (außerhalb von Schutzgebieten) durch die zuständige Behörde bereits festgestellt worden sein. Liegt eine solche Feststellung nicht vor, sollte die Fläche weiterhin zum Anbau nachhaltiger Biomasse nutzbar sein. Kann der Landwirt sogar nachweisen, dass der Umbruch behördlicherseits genehmigt war, so ist dies sicherlich hilfreich, da eine solche Erlaubnis oft eine natur- und artenschutzrechtliche Prüfung beinhaltet. Dennoch empfiehlt sich in solchen Fällen immer eine Abstimmung mit dem Auditor der Biogasanlage.
Erzeugung in Schutzgebieten bleibt möglich
Die EU unterstellt pauschal bei allen Flächen in Gebieten mit Bedeutung für den Naturschutz (wie z. B. Natur-, Vogel,- und Landschaftsschutzgebiete sowie FFH- und Natura2000-Flächenkulissen) eine große biologische Vielfalt. Dies gilt allerdings nur für Flächen in Schutzgebieten, die am 01. Januar 2008 bereits rechtskräftig ausgewiesen waren. Dennoch ist die Erzeugung von nachhaltigen Rohstoffen in der Regel auch hier in möglich, sofern dies nicht den Schutzgebietszielen widerspricht. Da in den meisten Schutzgebieten eine landwirtschaftliche Bodennutzung gestattet ist (sogar in Naturschutzgebieten sind meist nur die Kernzonen mit einem Bewirtschaftungsverbot belegt) sollte es deshalb kaum Probleme geben, solange die jeweils vorhandenen Schutzgebietsauflagen eingehalten werden. Die Schutzgebietsverordnungen sind inzwischen vielfach über das Internet einsehbar, und im Zweifel hilft die örtliche untere Naturschutzverwaltung sicherlich weiter. Bei diesem Thema ist der DBV gemeinsam mit dem Fachverband Biogas und REDCert noch dabei, mögliche Vereinfachungen bei der Nachweiserbringung zu prüfen.
Selbsterklärung kurz erklärt
Neben den Anlagenbetreibern müssen auch die Erzeuger nachweisen, dass sie die Rohstoffe nachhaltig produzieren. In der Regel geschieht dies über eine Selbsterklärung, mit der der Erzeuger versichert, den Regularien entsprechend produziert zu haben. Der eigentliche Charme der Selbsterklärung liegt darin, dass eine Verknüpfung zwischen den Cross-Compliance-Regelungen und der Nachhaltigkeitsverordnung hergestellt wird. Dadurch, dass sich alle Betriebe, die Agrarförderung beantragen, gleichzeitig zu einer nachhaltigen Produktion im Sinne der Cross-Compliance-Regelungen verpflichten, gilt dies als Nachweis der Nachhaltigkeit im Sinne der RED II. Alternativ ist eine komplette Zertifizierung des Rohstoffe erzeugenden Betriebes möglich, jedoch ist dies mit zusätzlichen Kosten verbunden. Die Selbsterklärung ist daher im Biokraftstoffbereich schon seit mehr als 10 Jahren der Königsweg für die Erzeuger.
Die aktuellen Unterlagen finden Sie hier.
Unterschiede bei den Anlagentypen
Je nach Anlagentyp sind die Anforderungen ein wenig unterschiedlich. Neuanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als 2 MW müssen sich inklusive einer THG-Bilanz zertifizieren lassen. Bei Bestandsanlagen mit mehr als 2 MW Feuerungswärmeleistung (das entspricht ca. 700 kW elektrischer Leistung) ist hingegen keine THG-Bilanz notwendig. Auch für Biomasse aus Abfällen und Reststoffen der Landwirtschaft (z. B. Stroh) muss bei EEG-Anlagen die Einhaltung der Überwachungs- und Bewirtschaftungspläne belegt werden, um eine Beeinträchtigung der Bodenqualität und des Kohlenstoffbestandes zu vermeiden. Die Nachweisführung bei allen Anlagen erfolgt über zugelassene Zertifizierungssysteme wie REDCert oder SURE und durch zugelassene Auditoren.
Das Zeitfenster für die Zertifizierung schließt sich am 30.06.2022. Anlagenbetreiber können bei der BLE durch die Nutzung der Eigenerklärung sicherstellen, diesen Termin nicht zu verpassen. Durch den zu erwartenden großen Andrang bei den Zertifizierungsstellen ist ein schnelles Handeln aber dringend angeraten.