Die Landwirtschaft ist vom Klimawandel – und dem damit einhergehenden veränderten Wettergeschehen – so unmittelbar betroffen wie kaum eine andere Branche. Zu den in Deutschland bereits jetzt sicht- und spürbaren Auswirkungen des sich verändernden Klimas gehören nicht nur zunehmende Hitze- und Trockenperioden, sondern auch häufiger auftretende Extremwetterereignisse wie andauernder Starkregen oder Hagel. Der Sommer 2023 wird wohl zu einem Paradebeispiel für ebendiese Unwägbarkeiten: Auf ein sehr trockenes Frühjahr folgte mehrere Wochen andauernder Starkregen, der mitten in die Zeit der Getreideernte fiel und zu erheblichen Qualitätseinbußen und Ertragsausfällen der Ernte führte.

In diesem Q&A sollen einige der häufigsten Fragen zum Klimawandel, dem damit einhergehenden zunehmenden Extremwetterrisiko und wie sich die Landwirtschaft darauf einstellen kann, beantwortet werden:

Der Klimawandel ist eine enorme Herausforderung für die Bauern. Sowohl lange Trocken- und Hitzeperioden als auch Extremwetterereignisse wie Starkregen, Spätfröste oder Hagel haben zugenommen. Insbesondere die jahreszeitliche Verschiebung der Niederschlagsmengen sowie eine daraus hervorgehende Frühjahrestrockenheit betrifft den Pflanzenbau in Deutschland bereits seit Jahren. Darauf müssen sich die Landwirte auch in Zukunft vermehrt einstellen.

Die Landwirtschaft nimmt beim Klimawandel eine Dreifachrolle ein: Sie ist nicht nur vom Klimawandel betroffen, sondern gleichzeitig auch Emittent und Teil der Lösung. Emissionen aus der Landwirtschaft gilt es, so weit wie möglich zu reduzieren. Da in der Landwirtschaft aber mit natürlichen Prozessen gearbeitet wird, ist eine gänzlich emissionsfreie Landwirtschaft nicht möglich. Der Deutsche Bauernverband hat eine eigene Klimastrategie entwickelt, in der Wege aufgezeigt werden, wie Emissionen aus der Landwirtschaft noch weiter reduziert werden können.
Indes trägt die Landwirtschaft bereits jetzt aktiv zur Bekämpfung des Klimawandels bei. Durch den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen und die Verwendung von Bioenergie trägt die Land- und Forstwirtschaft dazu bei, in den Bereichen Verkehr, Wärme und Stromerzeugung Treibhausgasemissionen durch den Ersatz fossiler Energieträger zu senken. Zugleich kann die Land- und Forstwirtschaft durch Humusaufbau in Böden große Mengen an CO2 speichern und somit als aktive CO2-Senke den Treibhausgasgehalt der Atmosphäre reduzieren.

Die Landwirtschaft wird zukünftig in der Regel mit weniger Niederschlag auskommen und längere Dürrephasen überbrücken müssen. Mit den bisherigen Instrumenten für eine angepasste Bestandsführung, Sortenwahl und wassersparende Bodenbearbeitung werden diese Herausforderungen zukünftig in vielen Fällen nicht mehr zu bewältigen sein. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, mit denen die Landwirtschaft sich dafür rüsten kann. Dazu zählen insbesondere

  • ein festgeschriebener Vorrang für die Lebensmittelerzeugung bei der Nutzung von Wasserressourcen,
  • zusätzliche Investitionen in Wasser- und Bewässerungsinfrastruktur (z. B. Speicherbecken),
  • eine zielgenaue Förderung von wassersparenden Anbautechniken und -verfahren,
  • die Förderung von entsprechenden Mehrgefahrenversicherungen
  • sowie weitere Instrumente, mit denen der einzelne Betrieb seine wirtschaftliche Krisenfestigkeit stärken kann – von der Gewinnglättung bis zur steuerfreien Gewinnrücklage.

Ein wichtiges Thema ist zudem die Pflanzenzüchtung. Mit neuen Züchtungstechniken können züchterische Innovationen schneller in der Praxis ankommen und dabei helfen, die aktuellen Herausforderungen durch den Klimawandel besser zu bewältigen.

Im Bereich des Pflanzenbaus werden die Anbauverfahren bereits seit Jahren weiterentwickelt und boden- sowie wasserschonende Anbaumethoden zunehmend eingesetzt und ausgebaut. Hierzu zählen beispielsweise Mulchsaatverfahren, die Nutzung von Kulturen mit verändertem Abreifeverhalten oder aufgelockerte Fruchtfolgen, um die Klimaresilienz zu steigern bzw. das Risiko eines Ertragsausfalls zu minimieren.

Generell stellt langandauernde Hitze für alle Getreidearten eine große Herausforderung dar. Ob es eine gute oder schlechte Ernte wird, entscheidet sich bei den meisten Ackerkulturen dadurch, ob die Niederschläge in der Vegetationsperiode in ausreichender Menge und zum richtigen Zeitpunkt fallen. Speziell während der Kornfüllungsphase ist eine ausreichende Versorgung mit Wasser unverzichtbar. Ein tiefreichendes Wurzelsystem bietet dagegen einen gewissen Schutz, da die Pflanze dann in der Lage ist, sich mit Wasser aus tieferen Bodenschichten zu versorgen. Hier gibt es vielversprechende Ansätze in der Pflanzenzüchtung, um zukünftig verstärkt auf dieses Merkmal zu selektieren.

Während Wassermangel bei Getreide in den meisten Jahren „lediglich“ zu mehr oder weniger starken Ertrags- und Qualitätsrückgängen führt, kann bei Gemüse durch eine Stresssituation sogar ein Totalausfall der Ernte die Folge sein. Denn für die Erreichung notwendiger Qualitäten für die weitere Vermarktung wird bei Obst, Gemüse, Kartoffeln und Wein eine gute Wasserversorgung in bestimmten Wachstumsphasen benötigt. Gemüse besteht zu 80–95 Prozent aus Wasser, Wassermangel in einer sensiblen Phase kann deshalb zum Beispiel bei Kopfsalat zu Blattnekrosen oder vergilbten Blättern führen, die die gesamte Ware unverkäuflich machen. Bei Blumenkohl bildet sich ein zu kleiner Blattapparat, was mangelnde Blumengrößen und unzureichende Blumendeckung verursacht. Auch Kopfkohl, Sellerie und Rhabarber haben einen hohen Wasserbedarf. Relativ gering ist der Wasserbedarf von Zwiebeln und Roten Rüben, aber selbst diese reagieren auf Beregnung meist mit höheren Erträgen. Betrachtet man alle Gemüsearten benötigt ein Bestand während der Vegetationsperiode im Schnitt 400–700 Liter Wasser pro Quadratmeter Boden. Zur Sicherung der Gemüseernte ist daher eine ausreichende Wasserversorgung unabdingbar.

Dürrehilfen sind ohne Frage in Extremsituationen hilfreich. Allerdings geht es nicht nur um Dürre, auch Ertragsausfälle durch extreme Unwetter mit Hagel oder Starkregen sind immer häufiger zu beobachten. Prioritär sollten daher Versicherungen für Dürre und Extremwetterschäden gefördert würden. Dies kann im Rahmen der europäischen Agrarförderung erfolgen. Einige Bundesländer sind hier bereits initiativ geworden und bieten geförderte Mehrgefahrenversicherungen an.

Als direkte Folge der Dürrejahre seit 2018 sind insbesondere die tiefen Bodenschichten noch immer von erheblichen Wasserdefiziten betroffen.

Nach Daten des Statistischen Bundesamtes werden in Deutschland nur 3,1 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen tatsächlich bewässert. Nur wenige Standorte in Deutschland sind direkt grundwasserbeeinflusst. Insgesamt setzen Land-, Forstwirtschaft und Fischerei nur 2,1 Prozent des Gesamtwassereinsatzes ein. Darin ist die Wassernutzung für die Bewässerung bereits enthalten. Im Weltmaßstab hingegen entfallen rund zwei Drittel des Wasserverbrauchs auf die Landwirtschaft. Somit wirtschaftet die deutsche Landwirtschaft im globalen Vergleich bereits äußerst wassersparend.

Hintergrund:
Im Vergleich zu anderen Ländern der Erde ist Deutschland ein wasserreiches Land. Nach Verrechnung von Zu -und Abflüssen aus dem bundesdeutschen Gebiet sowie Abzug der Verdunstung verbleiben erneuerbare Wasserressourcen von ca. 176 Mrd. Kubikmetern zur Nutzung, das sogenannte jährliche Wasserdargebot aus Grund-, Oberflächen- und Quellwasser. Im Vergleich zum Zeitraum von 1961–1990 hat sich das langjährige potenzielle Wasserdargebot allerdings von 188 Mrd. Kubikmeter um 12 Mrd. Kubikmeter bzw. 6,4 Prozent verringert. Alle Wirtschaftsbereiche und privaten Haushalte zusammen entnahmen 2019 ca. 20,7 Mrd. Kubikmeter, also nur rund 12 Prozent des langfristigen Dargebots von 176 Mrd. Kubikmetern. In Deutschland setzen Land-, Forstwirtschaft und Fischerei insgesamt lediglich 2,1 Prozent des Gesamtwassereinsatzes ein. Die Wassernutzung für die Bewässerung ist darin bereits inkludiert. Bezogen auf die insgesamt verfügbare Wassermenge liegt der Verbrauch durch diese Bereiche also nur bei lediglich 0,25 Prozent. Im globalen Vergleich entfallen hingegen rund zwei Drittel des Wasserverbrauchs auf den Sektor Landwirtschaft.
Bitte wenden Sie sich bezüglich der Methodik der Datenerhebung und der Dateninterpretation an die Primärquellen (Statistisches Bundesamt und Umweltbundesamt).

Der Deutsche Bauernverband steht Gebühren für die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser kritisch gegenüber. Landwirtschaft erzeugt Lebensmittel. Zusätzliche Gebühren würden zu einer weiteren Belastung der Betriebe führen und die Wettbewerbsposition der deutschen Landwirtschaft weiter schwächen. Diese Mehrbelastung müsste sich unweigerlich auch in steigenden Lebensmittelpreisen widerspiegeln. Sollten Preiserhöhungen marktbedingt nicht darstellbar sein, werden solche Gebühren zu einem weiteren Faktor, der die notgedrungene Abwanderung der Erzeugung ins Ausland forciert. Die ohnehin bereits hohe Importabhängigkeit im Bereich der Obst- und Gemüseversorgung würde somit gegebenenfalls weiter zunehmen.