Die Ansprüche an die Landwirte im Bereich Natur- und Umweltschutz werden immer höher – sowohl vonseiten der Politik und Gesellschaft, man denke nur an das Insektenschutzprogramm im Agrarpaket, als auch vonseiten der Unternehmen. Die Molkerei Arla hat in der vergangenen Woche verkündet, bis 2050 klimaneutral werden zu wollen. Wie sollen Landwirte diesen Anforderungen gerecht werden, ohne ökonomisch auf der Strecke zu bleiben? Dazu befragte die LZ Rheinland Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes.
LZ | Rheinland:
Herr Hemmerling, die verarbeitenden Unternehmen in der Landwirtschaft möchten mehr Klimaleistungen erbringen. Umsetzen müssen es die Bauern, oft ohne hohen Zuschlag, wie zum Beispiel beim neuen Arla-Klimacheck. Haben die Bauern trotzdem etwas davon?
U. Hemmerling:
Grundsätzlich müssen höhere Anforderungen auch mit einem Bonus für die Landwirte einhergehen. Um zu vermeiden, dass sich die Handelsketten jeweils unterschiedliche Kriterien ausdenken und auf die Landwirte abwälzen, sollten verstärkt Branchenlösungen mit und von der Landwirtschaft entwickelt werden.
LZ | Rheinland:
Welche ähnlichen Beispiele sind Ihnen bekannt?
U. Hemmerling:
Beim Klimaschutz gab es vor einigen Jahren Diskussionen zum CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln. Das kann aber leicht in die Irre führen, denn zum Beispiel Grünlandnutzung über Rinderhaltung macht Sinn für den Klimaschutz, auch wenn der CO2-Fußabdruck bei Milch oder Rindfleisch etwas höher ist. Entscheidend ist letztlich das Wirtschaften in Kreisläufen.
Grundsätzlich müssen höhere Anforderungen auch mit einem Bonus für die Landwirte einhergehen.Udo Hemmerling
LZ | Rheinland:
Könnten die Landwirte einen höheren Zuschlag zum Ausgleich der Mehrkosten verlangen?
U. Hemmerling:
Beim Klimaschutz geht es jetzt vor allem darum, dass Leistungen der Land- und Forstwirte bei der Kohlenstoffbindung im Zuge der CO2-Bepreisung belohnt werden, zum Beispiel Humusbildung. Das muss politisch durchgesetzt werden.
LZ | Rheinland:
Was leisten die Bauern für den Klimaschutz? Haben sich die Zahlen verbessert?
U. Hemmerling:
Seit 1990 hat die deutsche Landwirtschaft die Treibhausgase um 20 % reduziert – bei gleichzeitig deutlich höheren Erträgen. Bioenergie leistet auch einen Klimaschutzbeitrag: Durch Biogas werden jährlich knapp 15 Mio. t an CO2 im Strom- und Wärmebereich eingespart und durch Biokraftstoffe im Verkehr noch mal 9,5 Mio. t.
LZ | Rheinland:
Welche Punkte umfasst kurz und knapp die DBV-Klimastrategie 2.0?
U. Hemmerling:
Als DBV wollen wir bis 2030 die Treibhausgase der Landwirtschaft um 30 % gegenüber 1990 reduzieren. Das ist ambitioniert, aber machbar, wenn die Landwirte in klimaschonende Technik investieren können. Dazu gehört zum Beispiel, bis 2030 60 % der Gülle in Biogasanlagen zu vergären. Wir wollen die Klimaeffizienz steigern, also weniger Emissionen je Produkt. Auch Klimaanpassung wird wichtiger, vor allem der Umgang mit Extremwetter. Schließlich haben wir noch weitere Möglichkeiten bei der Bioenergie.
LZ | Rheinland:
Was fordert der DBV, inwiefern Klimagesetze die Klimaschutzleistungen der Land- und Forstwirtschaft anreizen sollen?
U. Hemmerling:
Im Klimapaket der Regierung sind bis 2023 etwa 1,3 Mrd. € für neue Klimamaßnahmen vorgesehen, je etwa zur Hälfte für Land- und Forstwirtschaft. Das ist ein guter Anfang und zugleich ein angemessener Ausgleich, weil Diesel und Brennstoffe über den nationalen Emissionshandel auch für die Bauern teurer werden. Nächster Schritt muss die Vergütung der Kohlenstoffbindung durch Fotosynthese sein. Ebenso benötigen wir einen Korrekturmechanismus, der die Treibhausgasminderung aus der Bioenergie in anderen Bereichen anteilig in der Landwirtschaft anrechenbar macht.