Die Energiewende schreitet voran und auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Mit dem Solarpaket I und dem Biomassepaket hat die letzte Bundesregierung zwei wichtige Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, die insbesondere für landwirtschaftliche Betriebe große Chancen im Bereich der erneuerbaren Energien bieten. Obwohl beide Pakete längst vom Bundestag beschlossen wurden, fehlt jedoch ein entscheidender Schritt: die beihilferechtliche Genehmigung durch die Europäische Kommission. Ohne diese Genehmigungen können die Ausschreibungen nicht angepasst werden. Unsicherheit und Investitionsstillstand sind die Folgen - insbesondere bei landwirtschaftlichen Betrieben, die in Agri-Photovoltaik oder ihre Biogasanlagen investieren möchten.

 

Wieso geht es nicht ohne „Beihilfegenehmigung“?
Die Europäische Union prüft staatliche Fördermaßnahmen, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden. Sobald ein Staat Unternehmen durch Subventionen unterstützt, sei es durch Einspeisevergütungen, Marktprämien oder andere Förderinstrumente, muss das Vorhaben von der EU-Kommission genehmigt werden. Solange diese Prüfung nicht abgeschlossen ist, dürfen die betroffenen Maßnahmen rechtlich nicht angewendet werden. Das gilt auch für Änderungen in den Ausschreibungsbedingungen des EEG.

Solarpaket I: Fortschritt in der Warteschleife
Wie ist diese Situation entstanden? Ein Blick zurück in den Mai 2024 verdeutlicht die Situation. Das Solarpaket I wird vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Es enthält zahlreiche erfreuliche Neuerungen: höhere Ausschreibungsgrenzen für PV-Dachanlagen (bis 40 MW) sowie ein neues Untersegment in der Freiflächenausschreibung für „Besondere Solaranlagen“, dazu zählen auch Agri-PV-Anlagen. Agri-PV-Anlagen, die der Festlegung der Bundesnetzagentur entsprechen, können an Ausschreibungen mit einem Höchstwert von 9,5 Cent/kWh (2024) teilnehmen. Das sind 2,5 Cent mehr als für klassische Freiflächenanlagen - ein bedeutender Unterschied. Anlagen unter 1 MW müssen nicht an der Ausschreibung teilnehmen und erhalten den Bonus von 2,5 Cent direkt. Diese Gesetzesänderung, im Zusammenspiel mit der Privilegierung im Baugesetzbuch für hofnahe Anlagen unter 2,5 ha eröffnet dem Segment der kleineren Agri-PV-Anlagen neue Perspektiven.

Die Euphorie unter Landwirten und der Solarbranche war groß. Doch zur Herbstausschreibung 2024 lag immer noch keine beihilferechtliche Genehmigung der EU vor. Der Winter kam und auch das Frühjahr, und weiterhin fehlte jede Spur einer Genehmigung. Die Gespräche zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und der EU-Kommission sind vertraulich. Somit war lange unklar, was ursächlich für die Verzögerung war.

Ende März 2025: Die Aufklärung
Erst ein veröffentlichter Brief der Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen an Abgeordnete ihrer EVP-Fraktion brachte Ende März Licht ins Dunkel. Der Grund für die ausbleibende Genehmigung liegt vor allem in einem fehlenden zentralen Element im EEG: dem sogenannten Claw-Back-Mechanismus.

Claw-Back: Rückforderung von Überförderung
Ein Claw-Back-Mechanismus soll verhindern, dass Betreiber von EE-Anlagen übermäßige Gewinne erzielen, wenn der Marktpreis für Strom unerwartet stark steigt – wie während der Energiekrise 2022. Bei Fördermodellen mit festen Vergütungen kann es zu sogenannten „Windfall Profits“ kommen, also unerwarteten Mehreinnahmen auf Kosten des Staates.

Deutschland hatte sich im Rahmen der Genehmigung des EEG 2023 gegenüber der Europäischen Kommission im Dezember 2022 verpflichtet, eine Rückforderungsklausel einzuführen, um Zufallsgewinne zu begrenzen. Dies wird in der KUEBLL-Verordnung festgehalten. Hintergrund ist die lange Förderdauer von 20 Jahren im EEG, eine Zeitspanne, in der sich wirtschaftliche Prognosen kaum zuverlässig treffen lassen. Um sicherzustellen, dass keine übermäßigen Gewinne auf Staatskosten entstehen, sollen künftig Rückforderungsregeln gelten: Wenn Betreiber mehr verdienen als ursprünglich kalkuliert, muss ein Teil der Überschüsse an den Staat zurückfließen. Bislang hatte Deutschland der Kommission aber noch nichts Konkretes vorgelegt. Ohne diesen Baustein kann das gesamte Solarpaket I laut EU nicht beihilferechtlich genehmigt werden.

Was regelt die KUEBLL-Verordnung?
Die KUEBLL-Verordnung regelt, wie Mitgliedstaaten erneuerbare Energien fördern können, ohne gegen EU-Beihilferecht zu verstoßen. Sie definiert Bedingungen, unter denen staatliche Förderungen zulässig sind – insbesondere in Bezug auf Wettbewerbsneutralität und Marktintegration.

Stillstand auch beim Biomassepaket
Gleicher Stillstand herrscht bei dem Biomassepaket. Noch als eines der letzten Vorhaben der Minderheitsregierung aus SPD und Bündnis 90/ Die Grünen war es Ende Januar 2025 gemeinsam mit der CDU/CSU-Fraktion vom Bundestag verabschiedet worden. Es enthält eine deutlich gesteigerte Förderung, eine Erhöhung des Flex-Zuschlags, einen gesenkten Maisdeckel, alles unter der Vorgabe, dass die Biogasanlagen nun flexibel fahren müssen. Gerade Biogasanlagenbetreiber, die in den kommenden zwei Jahren aus der EEG-Förderung fallen und bisher keine Anschlussförderung erhalten haben, warten dringend auf eine Perspektive und Planungssicherheit, um rechtssicher investieren zu können. Doch auch hier fehlt bislang die EU-Genehmigung. Die Erhöhung des Flex-Zuschlags und des Ausschreibungsvolumens – zentrale Elemente des Pakets – müssen ebenfalls beihilferechtlich genehmigt werden. Das Biomassepaket steckt somit in der gleichen Warteschleife wie das Solarpaket I.

Auch hier stellt sich die Frage: Braucht Biogas einen Claw-Back? Der Deutsche Bauernverband und die Bioenergieverbände sehen Biogasanlagen davon jedoch nicht betroffen, denn Übergewinne gelten hier als unwahrscheinlich.

Wie könnte ein Claw-Back für Solar aussehen?
Damit das Solarpaket I genehmigt wird, muss ein Claw-Back-Mechanismus eingeführt werden. Doch wie könnte dieser konkret aussehen? Höchstwahrscheinlich durch ein „Contract for Difference“ - ein Modell, welches das aktuelle Marktprämienmodell ersetzen könnte. Noch ist keine Entscheidung gefallen, und solange keine konkrete Ausgestaltung vorliegt, bleibt das Solarpaket I blockiert.

Contract for Difference – ein neues Modell in der Diskussion
Ein Contract for Difference (CfD) funktioniert wie folgt: Staat und Betreiber vereinbaren einen festen Strompreis. Liegt der Marktpreis darunter, gleicht der Staat die Differenz aus. Liegt der Marktpreis darüber, zahlt der Betreiber den Überschuss an den Staat zurück. Dieses Modell wird bereits in Ländern wie Frankreich und Großbritannien erfolgreich eingesetzt.

Fazit: Dringender Handlungsbedarf und aufmerksam bleiben
Die aktuelle Situation rund um das Solarpaket I hat mehr Schaden angerichtet als Nutzen. Das Vertrauen in die Zusammenarbeit mit der EU ist belastet. Für Landwirte, die in erneuerbare Energien investieren wollen, ist die Situation extrem frustrierend. Wer in Agri-PV investieren möchte, weiß nicht, ob die neue Förderung rechtzeitig greift. Wer seine Biogasanlage auf Flexibilität umrüsten will, hat keine Planungssicherheit hinsichtlich der Vergütung.

Für landwirtschaftliche Betriebe heißt das: aufmerksam bleiben, Zeitpläne im Blick behalten und sich nicht zu früh auf neue Förderbedingungen verlassen! Diejenigen, die planen, sollten möglichst flexibel aufgestellt sein und im Zweifelsfall weiterhin mit dem bisherigen Rechtsrahmen kalkulieren – bis aus Brüssel endlich grünes Licht kommt.

Kommentar
Beitrag der Landwirtschaft zur Energiewende nicht verspielen!
Das Biomassepaket und das Solarpaket I enthalten wichtige Gesetzesänderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Dieses ermöglicht es der Landwirtschaft, weiterhin als wichtiger Akteur zur Energiewende beizutragen. Mehr als bedauerlich ist jedoch das Hinhalten durch die Europäische Kommission und das Bundeswirtschaftsministerium bei der beihilferechtlichen Genehmigung, für die wir dringend eine schnelle Lösung brauchen. Diese Hängepartie schadet dem Vertrauen in die deutsche Gesetzgebung und schiebt die Energiewende auf das Abstellgleis.

Insbesondere mit dem Biomassepaket wurde ein dringend notweniger Schritt unternommen, um die Zukunft der Biogasanlagen zu sichern. Die Erhöhung des Ausschreibungsvolumen und der Flex-Prämie schaffen für alle Akteure klare Perspektiven. Doch was nützen uns neue Regeln auf dem Papier, wenn sie in der Praxis nicht greifen? Seit Monaten warten wir auf die beihilferechtliche Genehmigung durch die Europäische Kommission. Währenddessen geraten landwirtschaftliche Betreiber mit jedem weiteren Tag stärker unter Druck. Damit die Teilnahme an der Herbstausschreibung möglich ist, brauchen wir die Genehmigung noch vor Mitte August. Die Bundesregierung muss sich dringend dafür auf europäischer Ebene einsetzen.

Die Zeit läuft uns davon: Hunderte Biogasanlagen in ganz Deutschland stehen am Scheideweg. Ohne eine verlässliche Perspektive werden in den nächsten Monaten weitere Anlagen und Investitionen stillgelegt werden. Für viele Betriebe bedeutet das nicht nur wirtschaftliche Verluste, sondern auch den Ausstieg aus einem klimarelevanten, regional und nachhaltig verankerten Energieträger. Die Bundesregierung und die EU-Kommission müssen jetzt liefern und schnell eine praktikable Lösung schaffen!

Theresa Kärtner