Der Klimawandel stellt die Landwirtschaft vor große Herausforderungen – von längeren Trockenphasen bis hin zu extremen Niederschlagsereignissen. Doch wie reagieren Betriebe konkret auf diese Veränderungen? Die dbk hat bei Landwirten aus verschiedenen Regionen nachgefragt, welche Maßnahmen sie zur Anpassung an den Klimawandel umsetzen?

 

Unser neuer Stall – fit für den Klimawandel
Sönke Holling, Landwirt aus Osterstedt, ist Mitglied im Landesvorstand des Bauernverbandes Schleswig-Holstein.

Schleswig-Holstein: Frühjahr und Sommer werden wärmer, Frühjahrstrockenheit und heftige Regenfälle nehmen zu – das spüren wir deutlich. Mit dem Neubau unseres Stalls wollen wir unseren Betrieb fit für den Klimawandel machen, um unser Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: Das Wohl unserer Kühe. Eine bessere Isolierung und moderne Lüftungsanlagen sollen das Stallklima verbessern und Hitzestress mindern. So können die Tiere auch in Hitzeperioden gesund bleiben und eine hohe Milchleistung bringen. Das Futter ist ebenso entscheidend. Ernteausfälle werden häufiger, daher sorgen wir für ausreichend hochwertiges Grundfutter im Silo. Mais wächst hier zuverlässig, da er Frühjahrstrockenheiten gut verträgt und im Sommer das Wachstum nachholen kann. Im Winter stehen Zwischenfrüchte auf den Flächen, um Nährstoffe und Wasser zu binden. Auch der alte Stall wird angepasst: Wegen hoher Sommerniederschläge denken wir darüber nach, freie Außenbereiche wieder zu überdachen, damit die Tiere trockener stehen. So investieren wir in Tierwohl, Futterqualität und Klimafitness.

Anpassung klingt einfach, ist es aber nicht
Thomas Decker Landwirt aus Pulheim

Als Landwirt im Rheinland spüre ich regelmäßig, wie sehr sich das Klima verändert. Extreme Wetterlagen nehmen zu, Hitzeperioden dauern länger und auch Regenphasen bleiben länger als früher. Für uns, die wir unter freiem Himmel wirtschaften, ist das eine enorme Herausforderung. Anpassung klingt einfach, ist es aber nicht. Setzen wir auf hitzetolerante Weizensorten und es folgt eine nasse Saison, bringt das keinen Vorteil. Diese Unplanbarkeit macht uns das Arbeiten zunehmend schwer. Wir haben 2019 damit begonnen, Quinoa anzubauen, da die Pflanze ursprünglich aus den Anden in Peru stammt und Trockenheit gewohnt ist. Vier Jahre lang haben wir gute Erträge und Qualitäten unseres regionalen „Kinoa“ ernten können. Danach haben wir das Projekt eingestellt, denn die Vermarktung war ernüchternd. Auf dem regionalen Markt konnten wir kaum bestehen, weil importiertes Quinoa aus Peru deutlich günstiger angeboten wird. Das zeigt, wie schwer es ist, neue Kulturen in die Fruchtfolge aufzunehmen, wenn Absatzwege fehlen. Wir Landwirte wollen uns anpassen, doch ohne faire Märkte bleibt die Klimaanpassung ein schwieriger Balanceakt.

Wir müssen den Klimawandel als Chance sehen
Stefan Kerner ist Landwirt und betreibt mit seiner Familie die Erlenbacher Ölmühle

Der Klimawandel ist Realität – und er zwingt die Landwirtschaft zum Umdenken. Für Stefan Kerner aus Erlenbach ist das kein Grund zur Resignation. „Wir müssen den Klimawandel als Chance sehen“, sagt der 43-jährige Landwirt, der mit seiner Familie eine Ölmühle bei Heilbronn betreibt. Auf seinen Feldern wächst inzwischen auch eine Pflanze, die lange Zeit in Deutschland keine Rolle spielte: die Kichererbse. Fünf Hektar baut Kerner auf seinen Feldern an. Die wärmeren Temperaturen begünstigen die Kultur. „Ohne den Klimawandel wäre die Kichererbse hier undenkbar“, erklärt er. Der Anbau ist nicht einfach: Die Hülsenfrucht reagiert empfindlich auf Regen, besonders kurz vor der Ernte. Dieses Jahr habe sie die Hitze geliebt, die Regenphase im Juli dagegen weniger. Trotzdem sieht Kerner großes Potential – vor allem, weil die Kichererbse in der pflanzlichen Ernährung gefragt ist. Ihr Eiweiß ähnelt tierischem Protein und wird in Fleischersatzprodukten geschätzt. In seinem Hofladen gibt es daher nicht nur Öl, sondern auch Falafel-Mischungen. „Es ist entscheidend, schon im Vorhinein den ganzen Prozess zu denken – von der Aussaat bis zum fertigen Produkt beim Kunden auf dem Teller“, berichtet der Landwirt aus seiner Erfahrung. Für ihn heißt Anpassung, Nischen zu finden und Neues zu wagen – auch wenn das bedeutet, am Anfang Lehrgeld zu bezahlen.

Klimafreundliche Landwirtschaft durch StripTill-Verfahren
Stefan Bernickel ist Landwirt in Gramzow

Ich setze auf klimafreundliche Landwirtschaft, indem ich mit dem StripTill-Verfahren den Boden nur gezielt bearbeite, so Diesel spare und gleichzeitig das Bodenleben schütze. Mithilfe satellitengestützter Technik wird die Düngung präzise gesteuert, wodurch insbesondere Lachgasemissionen reduziert werden – ein oft unterschätzter Klimatreiber. Zusätzlich lasse ich regelmäßig den Humusgehalt meiner Böden analysieren, um CO₂ langfristig zu binden und die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen. Ich spare damit mindestens 20 Liter Wasser pro Quadratmeter, was bei meinen 250 Hektar Ackerfläche satte 50 Millionen Liter Wasser jährlich ergibt, die nicht unnötig verdunsten. Allerdings hat die Technik auch ihre Herausforderungen. Die Strip-Till-Maschinen sind teuer, und die gleichzeitige Ausbringung von Dünger und Saatgut ist logistisch anspruchsvoll. Dennoch bin ich überzeugt: Der Aufwand lohnt sich – für die Zukunft der Böden, der Pflanzen und letztlich auch der Verbraucher.

Klimawandel trifft Landwirtschaft – Rossbacher Hof setzt auf Innovation
Martin Allmenröder ist Betriebsleiter auf dem Rossbacher Hof in Erbach

Der Rossbacher Hof in Erbach, Odenwald, begegnet dem Klimawandel mit innovativen Bewirtschaftungsstrategien. Betriebsleiter Martin Allmenröder verzichtet seit 1980 auf den Pflug, setzt auf dauerhafte Bodenbedeckung und intensive Zwischenfrucht- sowie Untersaatnutzung. Eine 1,7 km lange Hecke schützt vor Erosion und fördert Biodiversität. Im Rahmen des HumusKlimaNetz testet der Betrieb mehrjährigen Weizen als Hauptkultur – ein vielversprechender Ansatz zur Humusbildung und Klimaanpassung. Als Projektbetrieb der Uni Gießen werden auf 12 ha Getreide, Hülsenfrüchte und Raps in breiten Streifen angebaut, um blühende Kulturen ganzjährig zu fördern. Der Rossbacher Hof zeigt, wie konventioneller Ackerbau klimaresilient gestaltet werden kann.