Gewässerschutz und Düngung
Faktencheck Landwirtschaft

Gewässerschutz und Düngung

Der Schutz der Gewässer ist in Deutschland und Europa ein hohes Gut und wird durch ein breites Regelwerk sichergestellt:
 

Neben der Nitratrichtlinie sind dies beispielsweise die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), die Grundwasserrichtlinie (GWRL), die Oberflächengewässerverordnung und die Meeresstrategie- Rahmenrichtlinie (MSRL).

 

Fakten:

 

Ein Hohes Gut

Der Schutz der Gewässer ist in Deutschland und Europa ein hohes Gut und wird durch ein breites Regelwerk sichergestellt: Neben der Nitratrichtlinie sind dies beispielsweise die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), die Grundwasserrichtlinie (GWRL), die Oberflächengewässerverordnung und die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL). Wichtigstes Instrument für die Umsetzung der Nitratrichtlinie und zum Schutz des Wassers vor Nährstoffeinträgen aus der landwirtschaftlichen Düngung in Deutschland ist das Düngerecht, bestehend aus dem Düngegesetz, der Düngeverordnung, der Stoffstrombilanzverordnung sowie der Düngemittelverordnung. Doch wie ist es um den Zustand des Wassers und Nährstoffeinträge in Gewässer in Deutschland bestellt? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Gewässerschutz und zur Düngung.

Welche Auswirkungen kann Düngung auf die Gewässerqualität haben?

Pflanzen benötigen zum Wachsen und Gedeihen Nährstoffe, allen voran Stickstoff, Phosphor und Kalium. Boden enthält zwar von Natur aus eine bestimmte Menge an Nährstoffen, jedoch entziehen Pflanzen diese mit ihrem Wachstum dem Boden, sodass bei der Ernte dann mit den Futter- und Lebensmitteln auch die Nährstoffe geerntet werden und letztendlich für die menschliche Ernährung dienen. Landwirte sorgen mit der Düngung dafür, dass dem Boden wieder ausreichend Nährstoffe zugeführt werden, damit Jahr für Jahr Lebensmittel erzeugt und geerntet werden können. Da die Landwirtschaft und der Anbau von Lebensmitteln natürlichen Prozessen und Einflüssen durch Witterung etc. unterliegen, können nicht alle Nährstoffe vollständig ausgenutzt werden. Nicht verwertbare Nährstoffe oder Nährstoffe in Pflanzenresten verbleiben entweder auf dem Acker und können den Humusgehalt der Böden verbessern oder stehen für nachfolgende Pflanzen als Nährstoff zur Verfügung. Stickstoffnährstoffe können aber auch in Form von Nitrat aufgrund der guten Bodenlöslichkeit mit dem Regenwasser in tiefere Bodenschichten und das Grundwasser versickern. Bei diesem Prozess fixiert der Boden wiederum einen Teil des Nitrats oder wandelt dieses in andere Stickstoffverbindungen um (sogenannte Denitrifikation). Dadurch kommt nur ein kleiner Teil des von Pflanzen nicht aufgenommenen Nitrats tatsächlich im tiefen Grundwasser an. Zur Sicherung der Trinkwasserqualität ist der maximale Gehalt an Nitrat im Grundwasser durch Grenzwerte begrenzt.

In Flüssen, Seen oder Meeren kann ein Zuviel an Stickstoff zu Veränderungen im Ökosystem führen, da der Stickstoff unter anderem als Dünger auf Algen wirkt, deren Wachstum befördert und mit dem Absterben der Algen der Sauerstoffgehalt des Wassers unter für manche Lebewesen notwendige Konzentrationen absinken kann.

Wie ist der Zustand des Wassers in Deutschland?

Die Nitratrichtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten alle vier Jahre zu Berichten an die EU-Kommission über den Zustand der Gewässer. Aus dem letzten Nitratbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2016 geht hervor, dass in Deutschland 82 % der Grundwassermessstellen den Schwellenwert von 50 mg Nitrat / l einhalten.

Die Bewertung des chemischen Zustands der Grundwasserkörper erfolgt nach der Grundwasserverordnung. Diese legt fest, dass ein Grundwasserkörper bereits dann nicht mehr einen sogenannten guten chemischen Zustand aufweist, wenn an nur 20 % der Messstellen einer der Schwellenwerte – also auch Nitrat – überschritten wird.

Deshalb werden aufgrund von Nitrat 26 %der Grundwasserkörper als im schlechten chemischen Zustand eingestuft. Diese entsprechen 29,3 % der Fläche Deutschlands. Nach Ansicht der Bundesregierung ist ein Anstieg der Grundwasserkörper mit Nitratgehalten über 50 mg / l im Wesentlichen auf einen Neuzuschnitt der Grundwasserkörper zurückzuführen.

Wie schützt die Düngeverordnung das Wasser?

Die im Juni 2017 in Kraft getretene Düngeverordnung regelt detailliert, wann, wie und wie viel Nährstoffe Landwirte düngen dürfen. Ziel ist in erster Linie, den Bedarf landwirtschaftlicher Kulturen an Nährstoffen zu decken. Gleichzeitig sollen aber auch mögliche Verluste von Nährstoffen in die Luft aber auch in Gewässer durch Versickerung und Abschwemmung so gering wie möglich gehalten werden, ohne die Lebensmittelerzeugung zu gefährden. Beispielsweise sind in der Düngeverordnung Jahreszeiten und Fristen festgelegt, in denen eine Düngung verboten ist, oder eine Obergrenze für die Ausbringung von Stickstoff in Form von 170 kg / ha aus Wirtschaftsdüngern, also von Mist, Gülle und Kompost. Landwirte müssen vor der Düngung in der Düngebedarfsplanung genau berechnen und dokumentieren, wie viel Dünger sie benötigen und ausbringen werden. Die Düngeverordnung regelt ebenfalls, wie viel Lagerraum Landwirte für den Anfall von Wirtschaftsdüngern benötigen. Zusätzlich zu den bundesweit geregelten Vorschriften müssen die Bundesländer in Gebieten, in denen 50 mg Nitrat / l an einem Fünftel der Messstellen im Grundwasser überschritten wird, weitere Regelungen für die Düngung zum Schutz des Grundwassers erlassen.

Welche Wirkung hat die Düngeverordnung auf Gewässer?

Die Düngeverordnung steuert die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen und hat damit großen Einfluss auf den Gewässerschutz. Bereits anderthalb Jahre nach dem Inkrafttreten hat sie in der Landwirtschaft zu deutlichen Veränderungen geführt: Im Wirtschaftsjahr 2017/2018 ging der Absatz von Mineraldüngern gegenüber 2016/2017 um 10 % zurück und von 2016 auf 2017 sank der Einsatz von Klärschlamm in der Landwirtschaft um mehr als ein Viertel (-27 %). Gegenüber 2017 nahmen die Rinderbeständ ein 2018 um 3 % sowie die Schweinebestände um 4 % ab. Mit den sinkenden Tierbeständenfallen gleichzeitig auch weniger Gülle und Mist und damit weniger Nährstoffe an. Die bereits kurzfristig erfolgten und messbaren Wirkungen in der Landwirtschaft sind allerdings nicht in gleicher Weise bereits im Grundwasser feststellbar. Aufgrund der Tatsache, dass die Versickerung von Wasser und damit die Grundwasserneubildung Jahre und Jahrzehnte dauert und hierbei abhängig ist von Niederschlagsmenge, Bodenart und Grundwassertiefe, werden die Fortschritte beim Gewässerschutz erst in einigen Jahren im Grundwasser sichtbar werden. Veränderungen,die heute in der Landwirtschaft und der Düngung passieren, werden sich also erst in etlichen Jahren im Grundwasser bemerkbar machen. Deshalb muss die Düngeverordnung zunächst ihre volle Wirkung auch im Grundwasser entfalten, bevor vorschnell weitere Änderungen erfolgen.

Gibt es einen negativen Trend bei der Wasserqualität?

Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung zeigt der Nitratbericht 2016 auch keine allgemeine Verschlechterung der Grundwasserqualität. Im Gegenteil ist der Anteil an Grundwassermessstellen mit fallenden Nitratkonzentrationen sogar größer als der Anteil mit steigenden. Das Bundesumweltministerium stellt in den FAQ zum Nitratbericht 2016 klar:

„Beeinträchtigen die Nitratwerte des Grundwassers die Trinkwasserqualität? Nein. Sauberes Trinkwasser ist eines unserer höchsten Schutzgüter. Für Trinkwasser gelten daher strenge Nitratgrenzwerte. Das Trinkwasser in Deutschland kann man ohne Bedenken trinken – insbesondere aus größeren Wasserversorgungen ist es flächendeckend sogar von exzellenter Qualität. Damit das so bleibt, muss das Grundwasser noch besser geschützt werden.“

Was bedeuten die Nitratkonzentrationen im Grundwasser für das Trinkwasser?

Das Bundesumweltministerium stellt klar, dass „mit einem Belastungsmessnetz keine Aussage über die Grundwasserbelastung in Deutschland getroffen werden (kann).“ Zusätzlich gilt, dass Nitratmessstellen „möglichst im oberflächennahen Grundwasserleiter (oberstes Grundwasserstockwerk, freies Grundwasser ohne Sperrschicht“ (Nitratbericht 2016) liegen sollten. Dies verdeutlicht, dass aus den dort ermittelten Nitratkonzentrationen nicht auf die Nitratkonzentration des zur Trinkwassergewinnung sehr viel tiefer geförderten Rohwassers geschlossen werden kann und darf. Der Schwellenwert von 50 mg Nitrat / l für die Einstufung des Grundwasserzustands entspricht der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als oberen Richtwert für Trinkwasser für die Zubereitung von Säuglingsnahrung. Damit stellt er bereits einer Halbierung des Sicherheitswertes der WHO in Höhe von 100 mg Nitrat / l für Säuglingsnahrung dar. Werden Berechnungen basierend auf den Nitratkonzentrationen bei Austritt des Wassers aus der durchwurzelten Bodenzone – damit bei Weizen beispielsweise in einer Tiefe von max. 100 bis 150 cm – vorgenommen, so ist mit diesen Werten keine Aussage über die Nitratkonzentration im Rohwasser der Trinkwassergewinnung möglich. Das zeigt auch das Beispiel Niedersachsen: „Die mittlere Nitratkonzentration im Grundwasser lag im Jahr 2012 in den Trinkwassergewinnungsgebieten des Niedersächsischen Kooperationsmodells bei 40,4 mg/l. Im Gegensatz dazu betrug der fördermengengewichtete Nitratgehalt im Rohwasser in 2012 landesweit nur rund 5 mg/l. Dieser Wert liegt weit unterhalb des Grenzwertes von 50 mg/l der Trinkwasserverordnung.“ so ein Bericht des niedersächsischen Landesbetriebes für Wasser- wirtschaft, Küsten- und Naturschutz aus dem Jahr 2015 . „In den Trinkwassergewinnungsgebieten Niedersachsens wiesen 2012 rund 60 Prozent der 1.294 Rohwassermessstellen Nitratgehalte von unter 5 mg/l, 27% zwischen 5 und 25 mg/l und lediglich 13 Prozent über 25 mg/l auf.“

Wie viele Messnetze gibt es für die Nitratüberwachung im Grundwasser?

Für Nitrat im Grundwasser gibt es unterschiedliche Messnetze: Das kleinste Messnetz mit nur 162 Messstellen ist das frühere sogenannte EU-Belastungsmessnetz, das früher für die Berichterstattung an die EU-Kommission genutzt wurde. Es war ein nicht repräsentatives Messnetz mit erheblich weniger Messstellen als im Durchschnitt der EU: 0,4 Messstellen / 1.000 km2 in Deutschland gegenüber 8 Messstellen / 1.000 km2 im Schnitt der EU. Zudem wurden für die Messstellen bewusst Standorte gesucht, die im Grundwasser eine hohe Vorbelastung an Nitrat aufwiesen. Das neue EU-Nitratmessnetz wird seit dem Nitratbericht 2016 verwendet und enthält mit 697 Messstellen deutlich mehr als das alte Messnetz. Dadurch können für die Landwirtschaft in Deutschland repräsentative Messungen durchgeführt werden. Die Messstellendichte beträgt dabei immerhin 1,9 Messstellen / 1.000 km2. Wie das alte Belastungsmessnetz dient es der Berichterstattung an die EU-Kommission zur Nitratrichtlinie. Darüber hinaus ist das Nitratmessnetz Teil des mit 1.215 Messstellen größten Messnetzes Deutschlands für die Berichterstattung an die EU-Umweltagentur (EUA-Messnetz). Dieses EUA-Messnetz ist mit einer Messstellendichte von 3,5 Messstellen / 1.000 km2 am repräsentativsten für Deutschland, aber immer noch deutlich unter dem EU-Durchschnitt.

Was bedeutet das Urteil des Europäischen Gerichtshofes gegen Deutschland wegen Verstoß gegen die Nitratrichtlinie?

Das Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission und das Urteil gegen Deutschland durch den Europäischen Gerichtshof basieren auf der alten, überholten Düngeverordnung aus dem Jahr 2006. Dem Urteil des EUGH wurde mit dem neuen Düngerecht die Grundlage entzogen, weil Deutschland die Kritikpunkte der EU umgesetzt hat. Das neue Düngerecht ist ein überparteilicher Kompromiss und wird von Bund und Ländern mitgetragen. Deshalb sollte die EU-Kommission jetzt Deutschland eine Umsetzungszeit einräumen, in der die Düngeverordnung ihre volle Wirkung erzielen kann, bevor abermals eine Änderung des erst seit Mitte 2017 geltenden Düngerechts vorgenommen wird.