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Udo Hemmerling
Stellvertretender Generalsekretär Deutscher Bauernverband
Foto: DBV/Breloer

Seit Jahrzehnten sorgt die besondere Wettbewerbssituation an den Agrar- und Lebensmittelmärkten für heftige Diskussionen. Der hohen Konzentration und Nachfragemacht der Handelsketten steht eine sehr differenzierte Ernährungswirtschaft und eine kleinstrukturierte Landwirtschaft gegenüber. Das führt zu Wertschöpfungsverlusten in der Landwirtschaft und birgt die Gefahr von missbräuchlichen Ausnutzungen der Nachfragemacht zu Lasten der Bauern.

In wenigen Tagen oder Wochen will das Bundeslandwirtschaftsministerium nun den Referentenentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie gegen unfaire Handelspraktiken (UTP-Richtlinie) vorlegen. Dem Vernehmen nach soll das bestehende Agrarmarktstrukturgesetz um die neuen Regelungen aus der UTP-Richtlinie erweitert und das gesamte Gesetz neu „Lebensmittellieferkettengesetz“ genannt werden. Hoffentlich wird daraus ein Meilenstein für die Rahmenbedingungen an den Agrarmärkten.

Worum geht es? Der DBV fordert seit langem, eine deutlichere Trennlinie zwischen hartem Verhandeln (also erlaubt) und Missbrauch von Marktmacht (also verboten) gerade in der Lebensmittellieferkette zu ziehen. Die EU-Richtlinie zu den unlauteren Handelspraktiken gibt dies jetzt in wichtigen Punkten vor, z.B. bei den Zahlungsfristen von 30 bzw. 60 Tagen. Die Bundesregierung will aber nur eine 1:1-Umsetzung der EU-Vorgaben, obwohl die Mitgliedstaaten auch weitergehende Regelungen treffen können.

Der Deutsche Bauernverband will auch eine absolute Untersagung von einigen Handelspraktiken, die nach der EU-Richtlinie nur „relativ unzulässig“ sind, also wenn sie nicht ausdrücklich zwischen den Vertragspartnern vereinbart sind. Dazu zählen beispielswiese kurzfristige Rücknahmen bereits bestellter bzw. gelieferter Ware. Selbst wenn diese Handelspraktiken in Liefervereinbarungen stehen, sind sie in der Regel nicht das Ergebnis von Verhandlungen auf Augenhöhe, sondern bedeuten eine einseitige Verschiebung des Risikos und der Kosten auf den schwächeren Lieferanten. Kleinere und mittelständische Lieferanten können sich oft den Forderungen der marktmächtigeren Abnehmer nach Aufnahme entsprechender Vereinbarungen nicht entziehen.

Am Ende müssen Bundestag und Bundesrat entscheiden, was sie unter fairen Handelspraktiken verstehen. Ein (entgeltfreies) Recht zum Zurückschicken von nicht verkauften Lebensmitteln an den Lieferanten, ohne dass der Käufer für die Erzeugnisse bezahlt und soweit sie nicht mehr verwendbar sind, die Kosten für ihre Beseitigung trägt, darf der Gesetzgeber hier nicht durchgehen lassen.

Wichtig ist auch der Blick auf die Kontrolle. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) soll zuständige Behörde für die Durchsetzung der Regelungen werden. Wichtig ist, dass die BLE auch eine Ermittlungsbefugnis in den Unternehmen bekommt und bei Verstößen wirkungsvolle Sanktionen durchsetzen kann. Der DBV erwartet, dass bestehende Liefervereinbarungen unter Beachtung der verbotenen Handelspraktiken verpflichtend zeitnah anzupassen sind.